Leitsatz (amtlich)
1.
Zur Sittenwidrigkeit eines "Freundschaftsvermittlungsvertrages" für Senioren.
2.
Der Abschluss eines widerrufenen Haustürgeschäfts beruht nicht auf Bestellung des Verbrauchers, wenn der Hausbesuch des Vertragsvermittlers nicht auf Initiative des Verbrauchers erfolgt ist.
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 6 O 76/05) |
Tenor
1.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2.
Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.
3.
Der auf den 13.11.2007 geplante Verhandlungstermin entfällt.
Gründe
I.
Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 5.040,00 EUR nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine für die Beklagte günstigere Entscheidung:
1.
Die Beklagte ist bereits deswegen aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zur Rückzahlung des von der Klägerin erhaltenen Entgelts verpflichtet, weil der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 03.09.2003 wegen eines auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig und damit nichtig ist, § 138 Abs. 1 u. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich und einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Dies ist hier der Fall:
a)
Die Beklagte hat sich in jenem Vertrag für die bloße Übermittlung von 8 Anschriften aus dem bei ihr vorliegenden Anschriftenbestand ein zu der versprochenen Leistung völlig außer Verhältnis stehendes Entgelt von 7.540,00 EUR, dies sind immerhin 942,50 EUR für jede Anschrift, versprechen lassen. Nach Ziffer 1. S. 2 und 5 des Vertrages endet der Vertrag automatisch mit der Benennung der 8 Anschriften unabhängig davon, ob die mit 4 Monaten ausbedungene Vertragszeit in diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen ist oder nicht. Zum Gegenstand der Leistung sind lediglich Anschriften aus dem "Anschriftenbestand" der Beklagten gemacht, ohne dass die Beklagte auch nur irgendeine Gewähr für die Eignung der von ihr zu benennenden Personen im Hinblick auf die Partnersuche der Klägerin oder auch nur für eine noch bestehende Vermittlungswilligkeit dieser Personen übernommen hätte. Unter Ziffer 2. des Vertrages hat die Beklagte lediglich versprochen, sich "zu bemühen", dem Persönlichkeitsprofil und den Wünschen der Klägerin entsprechende Personen zu benennen. Diese Formulierung erlaubt es der Beklagten, im Falle misslingender "Bemühungen" den Vertrag auch durch Benennen ungeeigneter Personen zu erfüllen. Gesondert für den nahe liegenden Wunsch nach einer örtlichen Eingrenzung der Anschriften hat die Beklagte in Ziffer 2. S. 2 des Vertrages sogar jede "Festlegung" ausgeschlossen und sich damit die Möglichkeit eröffnet, in Erfüllung des Vertrages Adressen aus dem ganzen Bundesgebiet zu benennen (vgl. OLG Celle NdsRpfl 1988, 134).
b)
Der tatsächliche Vollzug des Vertrags, nämlich die mit Schreiben der Beklagten vom 08.09.2003 übersandten 12 Partnervorschläge, belegt das auffällige Missverhältnis dieser (4 Partnervorschläge mehr als versprochen umfassenden) Leistung der Beklagten zu der hohen Zahlung der Klägerin. Die einer möglicherweise selbst erstellten Datenbank entnommenen Angaben zu den mit Anschrift und Telefonnummer benannten Personen sind überaus allgemein, dürftig und hinsichtlich der "vielseitigen Interessen" der genannten Herren sogar stereotyp. Sie reichen bei weitem nicht aus, die Klägerin über die Person, Lebensumstände, Wesensarten und Vorlieben der ihr genannten Herren über dasjenige hinaus zu informieren, was schon in jeder beliebigen Kontaktanzeige mitgeteilt wird. So ist den Vermittlungsvorschlägen nicht zu entnehmen, ob die dort genannten älteren Herren bereits verheiratet waren oder noch sind, ob sie Kinder haben und ob sie noch berufstätig sind oder nicht. Die simple Kontaktsuche mit Hilfe einschlägig bekannter Internet-Websites (wie beispielhaft ...) offeriert ein weitaus komplexeres Persönlichkeitsbild der dort eingestellten Interessenten. Dem Vortrag der Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, welche Persönlichkeitsmerkmale der Klägerin sie aufgenommen und in welcher Weise diese mit den Merkmalen der 12 offerierten Kontaktpersonen besonders übereinstimmen. Dies alles bestätigt die bereits auf der Grundlage des Vertragstextes getroffene Feststellung, dass die Leistung der Beklagten in einem auffälligen Missverhältnis zu dem hieraus erlangten Vermögensvorteil in Höhe von 7.540,00 EUR steht.
c)
Auch die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB liegen v...