Leitsatz (amtlich)
1. Die Berücksichtigung von Rückstellungen für das Regulierungskonto sowie für die periodenübergreifende Saldierung im Abzugskapital nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 ARegV hat nicht zwingend die Anerkennung entsprechenden Umlaufvermögens nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ARegV zur Folge. Dies gilt auch für bilanziell miteinander in Zusammenhang stehende Positionen. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Regelungen für das Regulierungskonto in § 5 Abs. 2, 4 ARegV oder aus denen für die periodenübergreifende Saldierung in § 10 GasNEV i.V.m. § 34 ARegV.
2. Ob aufgrund eines erhöhten Abzugskapitals ein erhöhter Liquiditätsbedarf tatsächlich besteht und den Vorhalt entsprechenden Umlaufvermögens erfordert, beurteilt sich allein anhand der Betriebsnotwendigkeit des Umlaufvermögens. Welche Vermögenswerte betriebsnotwendig sind, unterliegt der Darlegungs- und Nachweispflicht des Netzbetreibers. Insoweit bedarf es einer Gegenüberstellung der Mittelzuflüsse und des Umfangs sowie des Fälligkeitszeitpunkts der zu erfüllenden Verbindlichkeiten.
3. Die von der Bundesnetzagentur vorgenommene pauschale Kürzung des Umlaufvermögens auf 1/12 ist nicht zu beanstanden. Richtige Bezugsgröße sind jedoch nicht die anerkannten Netzkosten, sondern die, eine reale rechnerische Größe bildenden Jahresumsatzerlöse.
4. Rückstellungen für Mehrerlöse stellen eine Besonderheit des Basisjahres der Höhe nach i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV dar, wenn und soweit der Mehrabsatz auf den extremer Witterungsbedingungen des Basisjahres beruht. In diesem Umfang können sie nicht im Abzugskapital nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ARegV berücksichtigt werden.
5. § 4 Abs. 5 GasNEV erfordert es nicht, bei der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Pachtmodell das überschießende Abzugskapital des Netzbetreibers bei der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung der Verpächtergesellschaft in Ansatz zu bringen. Die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode zur Berechnung der Verzinsung des negativen Eigenkapitals beim Netzbetreiber, insbesondere die Anwendung des EK-I-Zinssatzes für Neuanlagen nach § 7 GasNEV, ist nicht zu beanstanden.
6. Ein im Basisjahr aufgelöster Betrag für Rückstellungen wegen unterbliebener Instandhaltungsmaßnahmen in den Vorjahren stellt keine Besonderheit i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV dem Grunde nach dar und ist daher grundsätzlich als Ertrag nach § 9 Abs. 1 GasNEV in die Netzkostenermittlung einzubeziehen.
Normenkette
EnWG § 21 Abs. 2 S. 1; GasNEV § 4 Abs. 5, § 6 Abs. 5 S. 3, § 6 S. 4, § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 7 Nr. 4; GasNEV § S. 4; GasNEV § 7 S. 5, § 7 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 2, Abs. 6, §§ 8, 9 Abs. 1, §§ 10, 32 Abs. 4; ARegV § 5 Abs. 2-4, § 6 Abs. 3 S. 1, § 27 Abs. 1 S. 2, § 34 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur (Beschluss vom 04.12.2013; Aktenzeichen VK 9-11/8141V) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur vom 04.12.2013, BK 9-11/8141V, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Betroffene und die Bundesnetzagentur jeweils zur Hälfte.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR ... festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Betroffene, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadtwerke B., betreibt seit 2008 ein die Landesgrenze zwischen C. und D. überschreitendes Gasverteilernetz, welches sie von der B. gepachtet hat. Verschiedene Aufgaben der technischen und kaufmännischen Betriebsführung werden von der B. auf der Grundlage eines mit der Betroffenen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages übernommen.
Auf Antrag der Betroffenen genehmigte die Bundesnetzagentur der Betroffenen mit Beschluss vom 22.07.2011 die Teilnahme am vereinfachten Verfahren gemäß § 24 ARegV für die Bestimmung der Erlösobergrenzen. Mit Beschluss vom 13.12.2012 setzte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode (2013 bis 2017) zunächst vorläufig fest, wobei sie beim Ausgangsniveau Kürzungen vornahm.
Mit Beschluss vom 04.12.2013 legte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode sodann endgültig niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus hielt sie an den in der vorläufigen Anordnung der Erlösobergrenzen vom 13.12.2012 dargelegten Kürzungen des Ausgangsniveaus fest und gelangte aufgrund der Anwendung der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Änderungen der GasNEV in § 6a GasNEV (Preisindizes) und § 7 Abs. 7 GasNEV (EK II-Zinssatz) nunmehr zu einem Ausgangsniveau in Höhe von EUR ... gegenüber den von der Betroffenen geltend gemachten Netzkosten in Höhe von EUR ...
Bei der Bestimmung der anerkennungsfähigen Netzkosten führte die Bundesnetzagentur eine jeweils gesonderte Kosten...