Leitsatz (amtlich)
Im Energiewirtschaftsrecht kann sich die Bundesnetzagentur bei einer andauernden Zuwiderhandlung auf die Feststellung des rechtsfehlerhaften Zustandes beschränken, wenn ihr dies nach den Umständen des Falles als ausreichend erscheint, um einen rechtsfehlerfreien Zustand herbeizuführen. Die getroffene Feststellung, gestützt auf § 65 Abs. 1 EnWG, stellt sich als Minus zu einer Abstellungsanordnung dar.
Zur Verhinderung einer bilanziellen Zuordnungslücke i.S.d. § 4 Abs. 3 S. 1 StromNVZ sind Entnahmestellen von grundversorgungsfähigen Letztverbrauchern bei denen weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Schuldverhältnis mit einem Energieversorger besteht, bilanziell dem Grundversorger zuzuordnen, bis ein Schuldverhältnis (wieder) besteht oder diese Entnahmestelle gesperrt ist.
Die Vorschriften der § 24 Abs. 1, Abs. 2 NAV gelten nur, wenn das Rechtsverhältnis zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer bzw. -nutzer von einer Zuwiderhandlung betroffen ist. Im Falle des Zahlungsverzuges von Haushaltskunden gegenüber Lieferanten ist der Netzbetreiber daher nicht berechtigt, solche Entnahmestellen aus eigenem Recht zu sperren.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 26.03.2018, Az.: BK6-16-161, wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur sowie der weiteren Beteiligten.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin beliefert Kunden mit Strom im Netzgebiet der beiden Beigeladenen auf der Niederspannungsebene. Sie ist zuständige Grund- und Ersatzversorgerin gemäß §§ 36, 38 EnWG in einem Teil des Netzgebiets der Beigeladenen zu 1, der zum Landkreis G gehört, sowie bis zum 31.12.2018 auch im Netzgebiet der Beigeladenen zu 2.
Im Zeitraum 2014 bis 2016 meldete die Beschwerdeführerin gegenüber beiden Beigeladenen in mehreren hundert Fällen grundversorgte Haushaltskunden auf der Niederspannungsebene unter anderem mit der Begründung "Lieferantenwechsel" von der Belieferung ab. Darauf erfolgte eine Ersatzversorgung, die ebenfalls durch die Beschwerdeführerin in Erfüllung ihrer Aufgabe als Ersatzversorgerin erbracht wurde.
Ergab eine Prüfung der Beschwerdeführerin, dass Zahlungsrückstände in dieser Zeit zu bereits bestehenden Rückständen hinzugekommen waren, meldete sie bei der jeweiligen Beigeladenen solche Entnahmestellen nach Ablauf von drei Monaten aus der Ersatzversorgung ab. Die Abmeldung erfolgte mit der Angabe "Lieferende", unter Bezugnahme auf die "Darstellung der Geschäftsprozesse zur Anbahnung und Abwicklung der Netznutzung bei der Belieferung von Kunden mit Elektrizität" (nachfolgend: GPKE) und unter Verwendung des Transaktionsgrundes "Z41" ("Ende der Ersatzversorgung ohne Folgebelieferung").
Gegenüber der Beigeladenen zu 2 beantragte die Beschwerdeführerin in der Mehrzahl dieser Fälle gleichzeitig mit der Abmeldung eine Unterbrechung des jeweiligen Anschlusses wegen Nichterfüllung von Zahlungspflichten. In zahlreichen Fällen kam es nicht zu einer Sperrung der Entnahmestellen.
Gegenüber der Beigeladenen zu 1 erfolgte in der Regel keine Beauftragung zur Unterbrechung der Stromversorgung der abgemeldeten Kunden.
Sperraufträge, die von der Beschwerdeführerin beauftragt und von den Beigeladenen durchgeführt werden, sind von ihr - losgelöst davon, ob sie erfolgreich durchgeführt werden konnten - zu vergüten. Die Kosten können anschließend den jeweiligen Haushaltskunden in Rechnung gestellt werden.
Die beschriebene Handhabung wurde seit 2012 von der Beschwerdeführerin praktiziert. Ab Anfang 2016 lehnte die Beigeladene zu 1 derartige Abmeldungen der Beschwerdeführerin mit der Begründung "Transaktionsgrund unplausibel" ab und ordnete - wie auch zuvor schon die Beigeladene zu 2 - die betroffenen Entnahmestellen weiterhin dem Bilanzkreis der Beschwerdeführerin zu. Bis dahin hatte die Beigeladene zu 1 die in ihrem Netzgebiet betroffenen Entnahmestellen und damit auch die entnommene Energie ihrem Differenzbilanzkreis zugeordnet.
Im Netzgebiet der Beigeladenen zu 2 gab es zudem Entnahmestellen von Letztverbrauchern, die die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit bereits versorgt hatte, die aber zwischenzeitlich von einem Drittanbieter versorgt worden waren und die nach Beendigung dieses Lieferverhältnisses abermals - sofern kein neuer Lieferant benannt worden war - durch die Beigeladene zu 2 nach dem Prozess 4.2 GPKE "Beginn der Ersatz-/Grundversorgung" der Beschwerdeführerin zugeteilt werden sollten. Diese lehnte jedoch eine Übernahme solcher Entnahmestellen unter Hinweis auf eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit ab.
Unter dem 17.08.2016 hat die Bundesnetzagentur nach Einleitung eines formlosen Verfahrens, in dessen Rahmen ein Vermittlungsgespräch mit den Beteiligten durchgeführt worden war, auf ausdrückliche Anregung der Beige...