Entscheidungsstichwort (Thema)

Eindeutige Formulierung bei Abbruch lebenserhaltender Ernährung mittels PEG-Sonde

 

Normenkette

BGB § 1904

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 18.07.2007)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde des Verfahrenspflegers wird Satz 2 des Tenors des Beschlusses des LG Kleve vom 18.7.2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Abbruch der lebenserhaltenden Ernährung über eine PEG- Sonde wird vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Die Zuführung von kalorienfreien Flüssigkeiten zur Durstverhinderung und von Medikamenten zur Schmerzlinderung mittels einer PEG-Sonde darf nicht verhindert werden.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten werden nicht erstattet. Jeder Beteiligte trägt seine außergerichtlichen Auslagen selbst.

Beschwerdewert: 3.000 EUR.

 

Gründe

Die Betroffene leidet seit über 20 Jahren an Chorea Huntington ("Veitsstanz") und steht seit 1992 unter Betreuung, die vom AG zuletzt bis 2010 verlängert worden ist. Durch Beschluss vom 4.5.2004 wurde die Beteiligte zu 2., die Tochter der Betroffenen, neben der Berufsbetreuerin als weitere Betreuerin für den Bereich der Gesundheitsfürsorge bestellt, in dem beide Betreuerinnen jeweils allein vertretungsberechtigt sind.

Zu Beginn dieses Jahres verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Betroffenen, weil sie insbesondere wegen ständiger Schluckreflexe weitgehend die Fähigkeit verlor, Nahrung auf natürlichem Weg aufzunehmen. Die aufgenommene Nahrung wurde überdies anschließend erbrochen und führte zwischen Oktober 2006 und Januar 2007 zu einer Gewichtsreduzierung auf unter 39 Kilo.

Die Berufsbetreuerin hat darauf hin beantragt, die Anlage einer PEG- Sonde vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, um die Nahrungszufuhr der Betroffenen sicherzustellen. Als die Zusatzbetreuerin diesem Ansinnen widersprach, hat die Berufsbetreuerin ihren Genehmigungsantrag zurückgezogen und um ihre Entlassung als Betreuerin im Bereich der Gesundheitsfürsorge gebeten.

Das AG hat darauf hin durch Beschluss vom 2.2.2007 den Aufgabenkreis der Berufsbetreuerin und der Zusatzbetreuerin für die Gesundheitsfürsorge dahingehend eingeschränkt, dass beide für die Entscheidung für oder gegen das Legen einer PEG- Sonde nicht mehr vertretungsberechtigt sind. Außerdem hat das AG unter Bezugnahme auf § 1846 BGB von Amts wegen das Anlegen einer PEG- Sonde zur Gewährleistung der Ernährung der Betroffenen angeordnet.

Auf die Erstbeschwerde der Zusatzbetreuerin hat das LG die Entscheidung des AG aufgehoben, soweit es den Aufgabenkreis der Zusatzbetreuerin eingeschränkt hat. Außerdem hat es durch Ziff. 2 seiner Beschlussformel den Abbruch der "lebenserhaltenden Ernährung" über eine PEG- Sonde vormundschaftsgerichtlich genehmigt.

Die Beteiligte zu 3. sowie der Verfahrenspfleger haben gegen die Entscheidung des LG Rechtsmittel eingelegt.

I. Der als weitere Beschwerde aufzufassende Widerspruch der Beteiligten zu 3. hat keinen Erfolg. Das Rechtmittel wurde nicht durch Anwaltsschriftsatz eingelegt und ist daher formunwirksam (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG), so dass es schon aus diesem Grund als unzulässig zu verwerfen ist.

II. Dagegen führt das Rechtsmittel des Verfahrenspflegers zur Abänderung und Klarstellung der landgerichtlichen Entscheidung aus Rechtsgründen, § 27 FGG.

Die weitere Beschwerde des Verfahrenspflegers richtet sich nicht gegen die uneingeschränkte Wiedereinsetzung der Zusatzbetreuerin in den Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge, sondern beanstandet die vom LG erteilte Genehmigung zur Entfernung der Magensonde. Durch Schriftsatz vom 9.8.2007 hat der Verfahrenspfleger sein Beschwerdeanliegen dahingehend präzisiert, dass er sich gegen die Entfernung der PEG-Sonde "an sich" wende, weil die Gabe von Flüssigkeiten und Medikamenten weiterhin durch die Sonde gewährleistet sein müsse, während er nicht beanstande, dass das LG den Abbruch der Versorgung der Betroffenen mit lebenserhaltenden Nahrungsbestandteilen per Sonde genehmigt habe.

Aufgrund dieser Beschränkung des Rechtsmittels steht unangefochten fest, dass der von der Zusatzbetreuerin gewünschte Abbruch der lebenserhaltenden Nahrungszufuhr über die PEG- Sonde vormundschaftsgerichtlich genehmigt ist.

Mit Recht beanstandet die weitere Beschwerde hingegen die darüber hinausgehende Reichweite der vom LG erteilten Genehmigung.

Dem Verfahrenspfleger ist darin beizutreten, dass die vom LG gewählte Formulierung nicht eindeutig ist. Der Begriff "lebenserhaltende Ernährung" stellt nicht hinreichend klar, ob damit nur die Zufuhr von Nahrungsersatz gemeint ist oder jedwede Versorgung über die Magensonde. Letzteres würde darauf hinauslaufen, dass durch die Genehmigung die vollständige Entfernung der Magensonde gestattet würde. Da jedwede Versorgung per Magensonde durch Flüssigkeiten erfolgt, lässt die Anordnung des LG im Unklaren, ob sich der Abbruch der "lebenserhaltenden Ernährung" auf nahrungsersetzende Flüssigkeiten beschränkt oder auch kalorienfreie Trinkflüssigkeiten zur Durstverhinderung...

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