Leitsatz (amtlich)
Der Sinn des § 19 Abs. 3 StromNEV, die Errichtung überflüssiger, doppelter Netzstrukturen zur Versorgung des Netznutzers zu verhindern, sowie die Systematik der Vorschrift und der Stromnetzentgeltverordnung gebieten es, im Rahmen des § 19 Abs. 3 S. 1 StromNEV für die Frage der singulären Nutzung von Betriebsmitteln eine anschlussbezogene Betrachtung vorzunehmen.
Danach ist auf die konkrete Anbindung durch diejenigen Betriebsmittel abzustellen, die der Netznutzer zum Anschluss an die nächsthöhere Netz- bzw. Umspannebene nutzt, nicht dagegen im Wege einer Gesamtbetrachtung auf die physikalisch-technische Gesamtanschlusssituation und sämtliche der Netzebene zuzuordnenden Betriebsmittel.
Ein missbräuchliches Verhalten im Sinne des § 31 EnWG setzt weder voraus, dass dem Verstoß gegen die in § 31 Abs. 1 S. 2 EnWG aufgeführten Vorschriften ein besonderes Unwerturteil innewohnt noch dass sich der Verstoß wirtschaftlich nachteilig auf den jeweiligen Antragsteller auswirkt.
Normenkette
EnWG § 31; StromNEV § 19 Abs. 3
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur und der Beteiligten werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Antragstellerin und Beteiligte des Beschwerdeverfahrens ist der örtliche Verteilernetzbetreiber im überwiegenden Teil des... Sie betreibt ihr Netz in den Spannungsebenen Hoch-, Mittel und Niederspannung. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Elektrizitäts- sowie ein Gas-Verteilernetz im Sinne des § 3 Nr. 3 und 7 EnWG. Ihr 110-kV-Verteilernetz ist dem Netz der Beteiligten in erheblichen Teilen vorgelagert. Die Netzanlagen der Beschwerdeführerin, mit denen die Betriebsmittel der Beteiligten verbunden sind, werden über die Umspannanlagen A., B. und C. der D. sowie aus dezentralen Erzeugungsanlagen gespeist.
Die im Eigentum der Beteiligten stehende Umspannanlage E. wird aus drei unterschiedlichen Richtungen gespeist. An die Umspannanlage A., die im Eigentum der D. steht, ist eine rund 15 km lange 110-kV-Hochspannungsleitung der Beschwerdeführerin angeschlossen, aus der eine Einspeisung in die Umspannanlage E. erfolgt. Zudem führt eine ca. 11 km lange 110-kV-Hochspannungsleitung der Beschwerdeführerin vom Umspannwerk B., das ebenfalls der D. gehört, zur Umspannanlage. Darüber speisen zwei ca. 2,5 km lange 110-kV-Hochspannungsleitungen der Beschwerdeführerin ein, die mit dem Hochspannungsnetz der G. verbunden sind.
Die Umspannanlage H. der Beteiligten wird aus einer ca. 10 km langen 110-kV-Leitung der Beschwerdeführerin gespeist, die mit der Umspannanlage A. der D. verbunden ist, sowie aus einer ca. 7 km langen 110-kV-Leitung der Beschwerdeführerin, die mit der Umspannanlage C. verbunden ist.
Bis zum 31.12.2013 erfolgte die Abrechnung der Netznutzung auf der Grundlage eines zwischen den Verfahrensbeteiligten am 28.01.2014 rückwirkend geschlossenen Vergleichs. Seit dem 01.01.2014 stellt die Beschwerdeführerin der Beteiligten jedoch aufgrund eines Abrechnungsmodells für die gemeinsam genutzte Hochspannungsebene die Netznutzung an den Übergabestellen Umspannwerk E. und Umspannwerk H. in Hochspannung in Rechnung. Für die Nutzung der 110-kV-Leitungen fordert sie die Zahlung der üblichen Hochspannungsbriefmarke.
Die Beteiligte stellte bei der Bundesnetzagentur unter dem 28.08.2014 einen Antrag auf Überprüfung des Verhaltens der Beschwerdeführerin gemäß § 31 EnWG wegen missbräuchlicher Abrechnung der Netznutzungsentgelte für die Nutzung der 110-kV-Leitungen zwischen dem Umspannwerk B. und dem Umspannwerk E., dem Umspannwerk A. und dem Umspannwerk E., dem Umspannwerk A. und dem Umspannwerk H. sowie dem Umspannwerk H. und dem Umspannwerk C.. Sie machte geltend, dass sie diese Leitungen singulär nutze und ihr deswegen ein Anspruch auf Abrechnung nach § 19 Abs. 3 StromNEV zustehe.
Mit Beschluss vom 11.01.2016 (BKA8-14/M3764-03) hat die Bundesnetzagentur festgestellt, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin, für die streitgegen-ständlichen Betriebsmittel kein individuelles Netzentgelt einzuräumen sowie die betroffenen Entnahmestellen im Übrigen nicht mit der Preisstellung Umspannung auf Hochspannung abzurechnen, nicht mit § 19 Abs. 3 Satz 1 StromNEV übereinstimme und die Beschwerdeführerin zu einer rechtmäßigen Abrechnung verpflichtet. Soweit die Beteiligte eine entsprechende Verpflichtung bereits für das abgeschlossene Kalenderjahr 2014 begehrt hatte, hat die Bundesnetzagentur den Antrag als unzulässig zurückgewiesen.
Mit der Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die unter Tenorziffer 1 enthaltene Feststellung sowie die unter Tenorziffer 2 ausgesprochene Verpflichtung. Sie macht geltend, dass sie nicht verpflichtet sei, der Beteiligten ein Sonderentgelt nach § 19 Abs. 3 StromNEV einzuräumen, weil es an der singulären Nutzung der streitgegenständlichen Betriebsmittel fehle. Die Beteiligte nu...