Leitsatz (amtlich)
›Für den Prozeßbevollmächtigten der durch Versäumnisurteil unterlegenen beklagten Partei fällt nur eine halbe Prozeßgebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO an, wenn sich nach der Anberaumung eines frühen Termins zur mündlichen Verhandlung seine Tätigkeit auf eine Bestellungsanzeige beschränkt verbunden mit der Mitteilung der Verteidigungsbereitschaft der Partei und der Ankündigung, daß Anträge und Begründung nachgereicht werden.‹
Gründe
1)
Das gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Die außergerichtlichen Kosten, welche die Beklagte in der Kostennote ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 24. Mai 2000 zur Ausgleichung gemäß § 106 ZPO angemeldet und welche die Rechtspflegerin antragsgemäß ihrer Berechnung zugrundegelegt hat, sind nicht richtig beziffert. Die Kläger machen mit ihrer Beschwerde zu Recht geltend, daß der Ansatz einer 10/10 Prozeßgebühr gemäß §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO sachlich falsch ist. Vielmehr kann lediglich eine halbe Prozeßgebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO Berücksichtigung finden.
2a)
Dieser Bestimmung zufolge erhält der Rechtsanwalt nur eine halbe Prozeßgebühr, wenn der Auftrag endigt, bevor er die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrages enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat. Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten von einer vorzeitigen Beendigung des Auftrages im Sinne der Vorschrift auszugehen.
b)
Ausweislich ihrer Kostennote vom 24. Mai 2000 waren die Prozeßbevollmächtigten mit der Wahrnehmung der Interessen der Beklagten in dem Verfahren 10 O 596/99 LG Mönchengladbach beauftragt, soweit diese einer Klageforderung in Höhe von 97.500,00 DM ausgesetzt war. Die Auftragsangelegenheit hat aufgrund der Tatsache ein Ende gefunden, daß wegen der Säumnis der Beklagten im Verhandlungstermin am 23. März 2000 gegen sie am 6. April 2000 ein Versäumnisurteil über eine Hauptforderung von 97.500,00 DM nebst Zinsen verkündet worden ist. Sie hat davon abgesehen, gegen die Entscheidung Einspruch einzulegen.
c)
Vor dem Abschluß der Angelegenheit haben die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten weder einen Sachantrag eingereicht noch einen Termin wahrgenommen. Sie haben sich vielmehr darauf beschränkt, mit Schriftsatz vom 25. Januar 2000 die Vertretung der Beklagten unter Beifügung einer Vollmacht sowie deren Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen verbunden mit der Ankündigung, daß "Begründung und Anträge innerhalb der nachgelassenen Schriftsatzfrist erfolgen werden". Nach der Rechtsprechung des Senats erhält der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten für die Anzeige des Verteidigungswillens im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur die halbe Prozeßgebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO nach dem Streitwert der Hauptsache, weil kein Sachantrag gestellt ist (Beschluß vom 1. März 1983, Az: 10 W 139/82, veröffentlicht in JurBüro 1983, 1334; MDR 1983, 764 sowie AnwBl 1983, 520; so auch OLG Koblenz AnwBl 1987, 338 m.w.N.; Gerold/Schmidt/ von Eicken/Madert, Kommentar zur BRAGO, 14. Aufl., § 32, Rdnr. 14; Riedel/Süßbauer, Kommentar zur BRAGO, 6. Aufl., § 32, Rdnr. 14; Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 32 BRAGO, Rdnr. 54). Nichts anderes gilt für den Fall, daß der Prozeßbevollmächtigte der beklagten Partei - wie im vorliegenden Fall - nach der Anberaumung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung die Absicht seiner Partei bekannt gibt, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen. Ebensowenig stellt die bloße Anzeige des Anwalts, daß er einen am Prozeß Beteiligten vertrete, einen Sachantrag im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO dar (Hartmann a.a.O.). Gerade für den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten ist die Einreichung eines Schriftsatzes für die Entstehung der vollen Prozeßgebühr von besonderer Bedeutung. Erst mit dem Antrag auf Abweisung der Klage oder auf Verwerfung bzw. Zurückweisung des Rechtsmittels ist die volle Prozeßgebühr verdient, ohne daß der Schriftsatz eine Begründung der Anträge enthalten muß (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert a.a.O., Rdnr. 15).
d)
Da der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zudem ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 23. März 2000 dem Prozeßgericht zuvor mitgeteilt hatte, im Verhandlungstermin nicht auftreten zu wollen, steht insgesamt außer Zweifel, daß für ihn nur die halbe Prozeßgebühr gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO angefallen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2962379 |
MDR 2000, 1396 |
OLGR Düsseldorf 2000, 479 |
OLGR Düsseldorf 2001, 19 |
OLGR Frankfurt 2001, 19 |
OLGR Hamm 2001, 19 |
OLGR Köln 2001, 19 |
Rpfleger 2000, 567 |
AGS 2001, 54 |
BRAGOreport 2002, 41 |
MittRKKöln 2001, 144 |
KG-Report 2001, 19 |
OLGR-BHS 2001, 19 |
OLGR-CBO 2001, 19 |
OLGR-KSZ 2001, 19 |
OLGR-KS 2001, 19 |
OLGR-MBN 2001, 19 |
OLGR-NBL 2001, 19 |