Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und zu 2 wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 4. Januar 2012 (VK 2-130/11) aufgehoben.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung von Einsicht in den zwischen den Beigeladenen unter dem 11./13. Juli 2011 geschlossenen Kooperationsvertrag wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Beigeladenen zu 1 abgelehnt.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Erledigung entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2 werden der Antragstellerin auferlegt. Im Übrigen erfolgt keine Kostenerstattung.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 160.000 Euro
Gründe
I. Die Antragsgegnerin schloss als gesetzliche Krankenkasse mit der Beigeladenen zu 1, einer auf dem Gebiet des Gesundheitswesens tätigen Managementgesellschaft, am 1. Juli 2011 einen unbefristeten Vertrag zur integrierten Versorgung von an sog. Zuckerkrankheit leidenden Versicherten nach §§ 140a SGB V (IV-Vertrag). Unter dem 11./13. Juli 2011 schlossen die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2, ein Medizinproduktehersteller, im Rahmen des IV-Vertrags einen Kooperationsvertrag (zukünftig: Kooperationsvertrag) über die Versorgung der genannten Versicherten mit Blutzuckermessgeräten und Teststreifen ab. Öffentliche Ausschreibungen unterblieben.
Die Antragstellerin, die ebenfalls solche Messgeräte produziert und vertreibt, erfuhr von den Verträgen und brachte bei der Vergabekammer des Bundes einen Nachprüfungsantrag an, mit dem sie gegen die Antragsgegnerin begehrt, den Kooperationsvertrag für unwirksam zu erklären, der Antragsgegnerin weitere Abrufe aus ihm zu untersagen und sie zu einer EU-weiten Ausschreibung zu verpflichten. Daneben beantragte die Antragstellerin Gewährung von Akteneinsicht in den Kooperationsvertrag, dessen Vorlage die Vergabekammer von den Beigeladenen erwirkt hatte. Anders als den IV-Vertrag kennt sie jenen Vertrag bislang nicht. Die Beigeladen widersprachen einer Einsichtnahme durch die Antragstellerin, unter anderem durch den Hinweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
Durch Beschluss vom 4.1.2012 (VK 2-130/11) ordnete die Vergabekammer die Gewährung von Akteneinsicht in den um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bereinigten Kooperationsvertrag für die Antragstellerin an.
Dagegen haben die Beigeladenen, eine jede für sich, sofortige Beschwerden mit dem Ziel einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Versagung von Akteneinsicht erhoben. Sie sind der Meinung, die von der Vergabekammer vorgenommenen "Schwärzungen" reichten zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Kooperationsvertrag nicht aus. Der Vertrag sei im Ganzen geheimhaltungsbedürftig, und zwar hinsichtlich Konzeption, Projektsteuerung und Konditionen gegenüber Herstellern von Medizinprodukten (wie der Antragstellerin), anderen Managementunternehmen sowie auch gesetzlichen Krankenkassen.
Die Antragstellerin ist den Beschwerden entgegengetreten. Sie meint, die Beigeladene zu 1 habe beim Abschluss des Kooperationsvertrages als mittelbare Stellvertreterin der Antragsgegnerin gehandelt, so dass der Vertrag ihr zuzurechnen sei.
Die Antragsgegnerin hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer Bezug genommen.
II. Die Beschwerden sind bei der gegenwärtigen und durch den Nachprüfungsantrag geschaffenen prozessualen Konstellation begründet.
1. Der Antrag auf Erteilung von Einsicht in den Kooperationsvertrag ist allerdings zulässig. Gegenstand des Antrags ist die Verfahrensakte der Vergabekammer, deren Bestandteil der genannte Vertrag ist, und die neben der Vergabeakte (vgl. § 110 Abs. 2 Satz 3 GWB: die Akten, die das Vergabeverfahren dokumentieren) der Akteneinsicht unterliegt (§ 111 Abs. 1 GWB; vgl. u.a. Otting, in Bechtold, Kartellgesetz, 6. Aufl., § 111 GWB Rn. 1; Dicks, in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 111 GWB Rn. 2). Zur Verfahrensakte gelangt ist der Kooperationsvertrag aufgrund eines von der Vergabekammer an die Beigeladenen als dritte Unternehmen gerichteten Auskunftsverlangens nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 110 Abs. 2 Satz 5 GWB. Im Nachprüfungsverfahren hat die Vergabekammer - soweit es zur Erfüllung der ihr im Rahmen der Untersuchungsmaxime (§ 110 Abs. 1 GWB) übertragenen Aufgaben erforderlich ist - (genauso wie die Kartellbehörde) das Auskunfts- und Prüfungsrecht des § 59 GWB. Bei der Ausgestaltung dieses Rechts hat sie einen weiten, nur auf die Einhaltung seiner Grenzen kontrollierbaren Ermessensspielraum, in den das Beschwerdegericht nicht in der Weise eingreifen kann, dass es der Vergabekammer die Durchführung bestimmter Ermittlungen vorgibt oder untersagt. Zur Annahme der Erforderlichkeit eines Auskunftverlangens genügt, wenn ein vertretbares Ermittlungskonzept vorliegt, was im Streitfall zu bejahen ist (vgl....