Leitsatz (amtlich)

Eine Schadensersatzforderung wegen entgangener Anlagezinsen aus einer hypothetischen Alternativkapitalanlage ist dann eine Nebenforderung im Sinne von §§ 43 GKG, 4 ZPO, wenn der Kläger in demselben Rechtsstreit wegen der tatsächlich getätigten Kapitalanlage einen Anspruch auf Ersatz des investierten Kapitals geltend macht.

 

Tenor

Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) vom 07.03.2012 gegen den Beschluss des Senats vom 01.03.2012 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Da gemäß §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG die Beschwerde gegen eine Streitwertfestsetzung des Oberlandesgerichts unstatthaft ist, wird der mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) vom 07.03.2012 erhobene Rechtsbehelf als im eigenen Namen des Prozessbevollmächtigten eingelegte Gegenvorstellung ausgelegt. Diese hat keinen Erfolg:

Der mit der Klage neben dem Ersatz des investierten Kapitals zugleich geltend gemachte Ersatz entgangener Anlagezinsen stellt gemäß § 43 Abs. 1 GKG eine Zinsen (1) betreffende Nebenforderung (2) dar, die entgegen der Meinung des Rechtsbehelfsführers bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt bleiben muss:

1. Bei den entgangenen Anlagezinsen, welche der Kläger von den Beklagten ersetzt verlangt, handelt es sich um Zinsen im Sinne des § 43 GKG. "Zinsen" sind das Entgelt für die Nutzung oder die Möglichkeit der Nutzung von Kapital (BGH, Beschluss vom 25.03.1998 - VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061). Der Kläger verlangt von den Beklagten die hypothetischen Zinsen ersetzt, die er im Falle einer Alternativanlage von dritter Seite als Entgelt für die Überlassung desjenigen Kapitals zur Nutzung erhalten hätte, das er tatsächlich nur verlustbringend bei der DM Beteiligungen AG angelegt hat und das er im Wege der Klagehauptforderung von den Beklagten zurückverlangt.

Der Einordnung dieser, auf den Ersatz entgangener Anlagezinsen gerichteten Forderung als eine Zinsen betreffende Nebenforderung im Sinne des § 43 GKG steht nicht entgegen, das es sich der Sache nach um einen Schadensersatzanspruch handelt. Zwar wird die Meinung vertreten, dass allein aus diesem Grunde die Forderung wegen entgangener Anlagezinsen keine Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO sein könne, der als Parallelvorschrift zu § 43 GKG weitgehend inhaltsgleich den Zuständigkeitsstreitwert und die Rechtsmittelbeschwer regelt (Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, § 4 Rz. 19; Zöller-Herget, ZPO, 28. Auflage, § 4 Rz. 8). Diese einengende Auslegung ist jedoch bereits durch das Reichsgericht (RGZ 158, S. 350, 351) mit Blick auf den Zweck des Gesetzes, die Streitwertbestimmung nicht durch die Schwierigkeit der Zinsberechnung aufzuhalten, zurückgewiesen worden, da dieser Gedanke auch für die als Schadensersatz geltend gemachten Zinsen zutrifft. Der Bundesgerichtshof hat sich mit Urteil vom 25.01.1957 - VI ZR 275/55 (VersR 1957, S. 244, 245) dieser Rechtsprechung ausdrücklich angeschlossen. Zudem führt die eingangs erwähnte einengende Auslegung zu einem unauflösbaren Wertungswiderspruch, weil unter auf Kosten bezogene Nebenforderungen, die gemäß §§ 43 GKG, 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO den Zinsen betreffenden Nebenforderungen gleichgestellt sind, sehr wohl Schadensersatzansprüche subsumiert werden (BGH, Beschluss vom 30.01.2007 - X ZB 7/06).

2. Der Kläger hat den Ersatz der entgangenen Anlagenzinsen auch als Nebenforderung im Sinne des § 43 GKG geltend gemacht. § 43 GKG setzt insoweit wie § 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO voraus, dass es sich materiell-rechtlich gesehen um eine Nebenforderung handelt (a), die auch in dem Prozess als solche geltend gemacht wird (b).

Um eine materiell-rechtliche Nebenforderung handelt es sich, wenn sie nach Maßgabe des für den jeweiligen Streitgegenstandes geltenden Rechts von der Hauptforderung sachlich-rechtlich abhängig ist (BGH, Urteil vom 21.01.1976 - IV ZR 123/74, Rz. 33; Beschluss vom 13.02.2007 - VI ZR 39/06, Rz. 9). D.h. im Hinblick auf ihre Entstehung muss die Nebenforderung vom Bestand der Hauptforderung abhängig sein und darf nicht mit ihr gleichrangig sein (BGH, a.a.O. sowie Beschluss vom 15.03.1998 - VIII ZR 298/97; vgl. auch die grundlegende Entscheidung des RG, RGZ 19, S. 416, 419, wonach die Nebenforderung durch die Hauptforderung bedingt sein muss). Nach dem Streitgegenstand des Prozesses ist für die Beurteilung der Frage, ob zwischen dem Klageantrag auf Ersatz des investierten Kapitals und dem Klageantrag auf Ersatz der entgangenen Anlagezinsen ein Abhängigkeitsverhältnis im vorgenannten Sinn besteht, auf §§ 249, 252 BGB und nicht auf § 849 BGB abzustellen, da der Kläger, wenn auch unsubstantiiert, vorträgt, er hätte für sein Kapital durch anderweitige Anlagegeschäfte Anlagezinsen erzielt, wenn er nicht durch die Beklagten sittenwidrig geschädigt worden wäre. Betrachtet man das Verhältnis dieser Klageforderungen auch im Hinblick auf ihre Entstehung, erkennt man, dass die gemäß § 252...

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