Leitsatz (amtlich)

§§ 29 Abs. 1, 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 und 3 EnWG i.V.m. Art. 27 Abs. 4 S. 1 und Art. 26 Abs. 1 lit. a) NC TAR stellen eine wirksame, mit höherrangigem Recht vereinbare Ermächtigungsgrundlage für die Festlegung REGENT NCG dar. Auch die Einbeziehung sämtlicher Kosten deutscher Fernleitungsnetzbetreiber in eine einheitliche Referenzpreismethode ist nicht zu beanstanden.

Die in Tenorziffer 1 der Festlegung REGENT NCG festgelegte Referenzpreismethode der einheitlichen Briefmarke verstößt nicht gegen das in Art. 4 Abs. 3 EUV normierte Loyalitätsgebot und ist nicht geeignet, dem europäischen Kartellverbot in Art. 101 Abs. 1 AEUV die Wirksamkeit zu nehmen.

Die festgelegte Referenzpreismethode genügt den Anforderungen des Art. 13 VO (EG) Nr. 715/2009 und des Art. 7 NC TAR, insbesondere verstößt sie nicht gegen das Gebot der Kostenverursachungsgerechtigkeit.

Auch die in Tenorziffer 2 vorgesehene Rabattierung an Speicheranlagen und die in Tenorziffer 3 S. 2 bestimmte Rabattuntergrenze betreffend die Kapazitätsentgelte für bedingt verbindliche Kapazitätsprodukte sind nicht zu beanstanden.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen außergerichtlichen Kosten der Bundesnetzagentur trägt die Beschwerdeführerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin ist eine ... Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie hat ihren Sitz in P und liefert in großem Umfang ... Erdgas für den deutschen Markt und die Märkte angrenzender Staaten. Für den Export nach Deutschland und in darüber angebundene Staaten ist sie auf das deutsche Gasfernleitungsnetz angewiesen.

Das deutsche Fernleitungsnetz ist in zwei Marktgebiete aufgeteilt. Es verfügt über eine Länge von 40.000 km und über 3500 Ausspeisepunkte an Letztverbraucher, Weiterverteiler oder nachgelagerte Netze. Im von der angegriffenen Festlegung betroffenen Marktgebiet NetConnect Germany (im Folgenden: NCG) sind sechs Fernleitungsnetzbetreiber tätig. Die Zusammenlegung mit dem anderen deutschen Marktgebiet GASPOOL soll zum 01.10.2021 erfolgen (§ 21 GasNZV). Deutschland ist ein maßgebliches Transitland auf dem europäischen Gasmarkt.

Die Beteiligten zu 1. bis 3. betreiben ebenfalls Gasfernleitungsnetze.

Am 14.03.2018 machte die Bundesnetzagentur jeweils die Einleitung eines Verfahrens betreffend die Festlegung einer Referenzpreismethode nach Art. 6 S. 2 VO (EU) 2017/460 der Kommission vom 16.03.2017 zur Festlegung eines Netzkodex über harmonisierte Fernleitungsentgeltstrukturen (im Folgenden: NC TAR) für die Marktgebiete GASPOOL und NCG bekannt. Am 16.05.2018 veröffentlichte sie den ersten, am 17.10.2018 den zweiten Festlegungsentwurf und leitete damit gleichzeitig die jeweils zweimonatige Vorabkonsultation bzw. abschließende Konsultation ein, an der sich zahlreiche Marktteilnehmer beteiligten. Auch die Regulierungsbehörden von Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz sowie das Bundeskartellamt gaben Stellungnahmen ab. Mehrere Fernleitungsnetzbetreiber legten im Rahmen der endgültigen Konsultation einen Alternativvorschlag der Frontier Economics Ltd. vor, der ein an den Netzpunkttypen orientiertes 4-Briefmarken-Modell vorsah.

Mit der in diesem Verfahren streitgegenständlichen Festlegung REGENT-NCG (Az. BK9-18/611-NCG) und der inhaltsgleichen Festlegung REGENT-GP (Az. BK9-18/611-GP) vom 29.03.2019 hat die Bundesnetzagentur jeweils festgelegt, dass die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber in Umsetzung der Bestimmungen des NC TAR zum 01.01.2020 einheitliche Briefmarkenentgelte anzuwenden haben. Der NC TAR wurde am 16.03.2017 auf Grundlage der VO (EG) Nr. 715/2009 im Rahmen des Komitologieverfahrens nach Art. 6 Abs. 11 UAbs. 2 S. 2, Art. 7 Abs. 3, Art. 28 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2009 i.V.m. dem Beschluss des Rates 1999/468/EG erlassen.

Durch Tenorziffer 1 S. 1 der Festlegungen REGENT-GP und REGENT-NCG hat die Bundesnetzagentur als Referenzpreismethode, die jeweils durch sämtliche in den Marktgebieten GASPOOL und NCG tätigen Fernleitungsnetzbetreiber gemeinsam angewendet werden soll, die Berechnung distanzunabhängiger Ein- und Ausspeiseentgelte in Form eines so genannten Briefmarkenentgelts festgelegt. Das Briefmarkenentgelt ist unabhängig von der Distanz und unterscheidet sich damit von der in Art. 8 NC TAR beschriebenen Referenzpreismethode der kapazitätsgewichteten Distanz. Bei der Umsetzung der vorgesehenen Referenzpreismethode werden die Erlöse aus Fernleitungsdienstleistungen durch die für das Kalenderjahr prognostizierten Kapazitäten der Ein- und Ausspeisepunkte dividiert. Somit werden im Unterschied zu der derzeitigen Entgeltbildung, die auf netzbetreiberindividuellen Kosten basiert, sämtliche Erlösobergrenzen aller Fernleitungsnetzbetreiber des Marktgebiets in Summe den von diesen in Summe prognostizierten Kapazitätsbuchu...

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