Leitsatz (amtlich)
Der Begriff des "Aufwands für Fremdkapitalzinsen" in § 6 Abs. 3 S. 2 ARegV ist nicht in einem handelsbilanziellen Sinne zu verstehen, der sämtliche Zinsen und ähnliche Aufwendungen für handelsrechtlich als Fremdkapital zu bilanzierende Positionen erfasst, sondern setzt ein kalkulatorisches und damit engeres Verständnis voraus. Erfasst wird danach nur der Aufwand, der auf der Aufnahme verzinslichen Fremdkapitals beruht, hingegen nicht das dem Netzbetreiber zinslos zur Verfügung stehende Abzugskapital gemäß § 7 Abs. 2 StromNEV.
Tenor
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 04.09.2019, BK9-16/8220, wird aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin trägt die Bundesnetzagentur.
Der Beschwerdewert wird auf ...Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
Gründe
A. Gegenstand der Beschwerde ist die Ermittlung des Kapitalkostenabzugs im Rahmen der Festlegung der unternehmensindividuellen Erlösobergrenze der Beschwerdeführerin für die 3. Regulierungsperiode Gas.
Die 9. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur leitete gegenüber der Beschwerdeführerin von Amts wegen gemäß § 2 ARegV ein Verfahren zur Bestimmung der Erlösobergrenzen nach § 4 Abs. 1 und 2 ARegV ein und legte diese mit Beschluss vom 04.09.2019, BK9-16/8220, fest. Bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV, der der Festlegung der Erlösobergrenzen zugrunde gelegt worden ist, hat sie ausgehend von den Kosten des Basisjahres 2015 nachfolgenden Aufwand in Höhe von insgesamt 17.656.907 Euro in den Kapitalkostenabzug als "Aufwand für Fremdkapital" einbezogen, der teilweise bei der Beschwerdeführerin selbst und zum Teil bei der HanseWerk AG als Dienstleister und Verpächter entstanden ist:
|
Netzbetreiber 2015 Euro |
Verpächter/Dienstleister 2015 ... Euro |
ZINSAUFWAND AUS ZUFÜHRUNG PENSIONSRÜCKST |
... Euro |
...1 Euro |
ZINSAUFW SONSTIGE UNT |
... Euro |
... Euro |
AUFZINS SONST LFR RÜCKST NEUTRAL |
... Euro |
... Euro |
SONST ZINSAUFW FÜR N FINANZIELLE VERBINDL |
... Euro |
... Euro |
AUFZINS SONST LFR RÜCKST NEUTRAL |
... Euro |
... Euro |
.... |
|
|
Bei der Unterposition 1 handelt es sich um Zinszuführungen und Zinsänderungseffekte aus Pensionsrückstellungen abzüglich der Erträge aus dem für die Bedienung dieser Pensionsverbindlichkeiten separierten Vermögen. In der Unterposition 2 sind Verzugszinsen sowie Zinsaufwendungen aus Spendengeldern verbucht. Die Unterposition 3 weist Zinsaufwand und den Zinsänderungseffekt der Rückstellungen für Altersteilzeit, Vorruhestand sowie Sterbegeld aus. Die Unterposition 4 stellt den Zinsaufwand der Rückstellung für das Insolvenzverfahren der ... dar, ein entsprechender negativer Betrag in der Unterposition 6 neutralisiert diesen Posten. In der Unterposition 5 werden Zinsführungen und Zinsänderungseffekte von langfristigen Rückstellungen ausgewiesen.
Eine Differenzierung zwischen Zinsen für Fremdkapital, das in unmittelbarem Zusammenhang mit Investitionen steht, und sonstigen Fremdkapitalzinsen hat die Beschlusskammer nicht vorgenommen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine solche Abgrenzung im Verordnungswortlaut nicht angelegt sei. Das betriebsnotwendige verzinsliche Fremdkapital sei grundsätzlich in der vollen in der Bilanz ausgewiesenen Höhe zu berücksichtigen. Der Fremdkapitalzinsaufwand ergebe sich als Produkt aus den Fremdkapitalzinsen des Jahres 2015 und dem Verhältnis aus dem betriebsnotwendigen Vermögen des jeweiligen Jahres der 3. Regulierungsperiode und dem betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2015. Fremdkapitalzinsen seien alle Zinsen und ähnliche Aufwendungen aus Fremdkapital, wobei unter Fremdkapital die Gesamtheit aller Verbindlichkeiten und Rückstellungen verstanden werde. Soweit dadurch dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenbestandteile einbezogen worden seien, obgleich weiterhin anerkennungsfähige Kosten in entsprechender Höhe vorhanden seien, sei dies durch eine Anpassung der Erlösobergrenzen nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ARegV auszugleichen.
Zudem hat die Beschlusskammer Netzanschlusskostenbeiträge, die in dem Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 entstanden sind, für die Berechnung des Kapitalkostenabzugs für die Dauer der 3. Regulierungsperiode auf den kalkulatorischen Restwert des Basisjahrs fixiert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sachlich handele es sich hierbei um Kapitalkostenbestandteile. Es entspreche Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV, die Kapitalkosteneffekte von Neuinvestitionen vollumfänglich vom Kapitalkostenabzug auszunehmen. Eine Ungleichbehandlung positiver und negativer Kostenbestandteile sei ökonomisch nicht begründbar.
Anlagen im Bau hat die Beschlusskammer bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs im Rahmen des § 6 Abs. 3 ARegV im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode mit N...