Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4c O 46/20)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14.04.2021 abgeändert.

Der Streitwert für die erste Instanz wird auf 150.000,00 EUR festgesetzt.

II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts im Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 14.04.2021 ist gemäß § 68 Abs. 1 GKG statthaft und auch ansonsten zulässig. Dass die Beklagte keinen Antrag formuliert hat, steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Ein bestimmter Antrag ist nicht erforderlich, da das Gericht von Amts wegen zutreffend zu entscheiden hat (§ 63 Abs. 3 GKG; vgl. Volpert in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 68 Rn. 75). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der vom Landgericht auf 500.000,00 EUR festgesetzte Streitwert ist offensichtlich überhöht. Der Streitwert für die erste Instanz ist deshalb herabzusetzen, und zwar auf 150.000,00 EUR.

1. Der Streitwert ist vom Gericht gemäß § 51 Abs. 1 GKG nach freiem Ermessen festzusetzen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse, das der Kläger mit seiner Klage objektiv verfolgt, wobei es für die erste Instanz auf die Verhältnisse bei Klageeinreichung ankommt (§ 40 GKG).

a) Die Grundsätze zur Festsetzung des Streitwerts durch das Gericht hat das Landgericht im Ansatz zutreffend dargestellt. Ist Gegenstand des Verfahrens - wie hier - ein Unterlassungsanspruch, ist danach entscheidend, mit welchen Nachteilen der Kläger bei einer Fortsetzung des beanstandeten patentverletzenden Verhaltens rechnen muss. Die Streitwertfestsetzung hat insoweit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Rechtsschutzziel nicht in einer Sanktion für den oder die bereits vorliegenden, die Wiederholungsgefahr begründenden Verstöße besteht, sondern dahin geht, den Kläger vor künftigen Verletzungshandlungen zu bewahren. Das Interesse an der Rechtsverfolgung richtet sich demgemäß weniger nach dem mit der begangenen Zuwiderhandlung verbundenen wirtschaftlichen Schaden der Partei; ausschlaggebend ist vielmehr das wirtschaftliche Interesse an einer Abwehr der mit weiteren Verstößen verbundenen Nachteile. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst die bei Klageerhebung noch gegebene Restlaufzeit des Klagepatents. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus einerseits die Verhältnisse beim Kläger (wie dessen Umsatz, Größe und Marktstellung), die Aufschluss über den voraussichtlich drohenden Schaden geben, andererseits Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung sowie die Intensität der Begehungs- oder Wiederholungsgefahr (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 341 - Streitwertheraufsetzung II; Beschl. v. 15.04.2010 - I-2 W 10/10, BeckRS 2010, 19459 = GRUR-RR 2010, 406 [LS] - Streitwertheraufsetzung I). Handelt es sich bei der Verletzungshandlung erkennbar um einen singulären Einzelfall ohne die ernstliche Gefahr der Wiederholung, kann sich hierbei auch in Patentverletzungssachverhalten ein sechsstelliger Streitwert verbieten (BGH, GRUR 2014, 206 - Einkaufskühltasche; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Aufl., Kap. J Rn. 151). Werden mit der Klage außerdem Ansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz geltend gemacht, so ist der in der Vergangenheit (bis zur Einreichung der Klage) bereits entstandene Kompensationsanspruch überschlägig zu schätzen und der entsprechende Betrag dem Streitwert für den Unterlassungsanspruch hinzuzurechnen, um einen Gesamtstreitwert zu bilden (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 341 - Streitwertheraufsetzung II; BeckRS 2010, 19459 - Streitwertheraufsetzung I).

b) Hiervon ausgehend kann der Streitwert im Streitfall entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mit 500.000,00 EUR bemessen werden. Das Landgericht hat sich bei der entsprechenden Festsetzung des Streitwerts im Wesentlichen nur an der Streitwertangabe der Klägerin orientiert, die den Streitwert in ihrer Klageschrift vom 24.07.2020 mit 500.000,00 EUR angegeben hat. Auf diese Streitwertangabe kann hier jedoch nicht entscheidend abgestellt werden.

aa) Zutreffend ist, dass der Streitwertangabe des Klägers für die Festsetzung des Streitwerts besonderes Gewicht zukommen kann, weil die Parteien mit den für die Streitwertbemessung maßgeblichen Umständen am besten vertraut sind (vgl. BGH, Beschl. v. 17.01.2019 - X ZR 92/16, BeckRS 2019, 1440 Rn. 2; OLG Düsseldorf, BeckRS 2010, 19459 - Streitwertheraufsetzung). Das gilt umso mehr, je weniger die Parteien sich zu den für die Streitwertfestsetzung bedeutsamen Umständen verhalten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.08.2017 - I-2 W 20/17). Genauso aufschlussreich kann der für eine der Klage vorausgegangene Abmahnung angegebene Gegenstandswert sein, weil die Abmahnung regelmäßig darauf gerichtet ist, den Schutzrechtseingriff endgültig abzustellen und infolgedessen mit dem Rechtsverfolgun...

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