Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einstweiliger Anordnungen wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (C-300/07) über die Vorlage des Senats gemäß Beschluss vom 23. Mai 2007 (VII-Verg 50/06) ausgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsgegnerin, eine gesetzliche Krankenkasse, schrieb eine Rabattvereinbarung nach § 130a Abs. 8 SGB V über TNF-Alpha-Blocker aus. Bei diesen handelt es sich um eine Gruppe von Medikamenten zur Behandlung arthritischer Erkrankungen. Derzeit werden auf diesem Markt drei Medikamente mit jeweils unterschiedlichen patentgeschützten Wirkstoffen feilgeboten, nämlich

- Enbrel mit dem Wirkstoff Etanercept (Patentinhaber: Amgen/Wyeth)

- Humira mit dem Wirkstoff Adalimumab (Patentinhaber: Abbot Laboratories)

- Remicade mit dem Wirkstoff Infliximab (Patentinhaber: Johnson & Johnson).

In der EU-Bekanntmachung der Antragsgegnerin hieß es u.a.:

Die T... möchte die Versorgung ihrer Versichertengemeinschaft im Bereich der Arzneimitteltherapie mit TNF-alpha Inhibitoren (Wirkstoffe Etanercept, Adalimumab und Infliximab) durch den Abschluss von Rabattkooperationen nach § 130a Abs. 8 SGB V optimieren. Ziel des Vergabeverfahrens ist der Abschluss von maximal 2 Rabattkooperationen für bis zu 2 Wirkstoffe.

Der abzuschließende Vertrag sah zur Rabatthöhe u.a Folgendes vor.:

Wir gewähren der T... während der gesamten Laufzeit des angebotenen Rabattvertrages für den oben angekreuzten Wirkstoff einen - in der prozentualen Höhe variablen - Nachlass, der über die gesamte Vertragslaufzeit mindestens für eine Gleichstellung mit dem günstigsten am Markt befindlichen, wirkstoffgleichen Alternativprodukt (Re- und Parallelimporte) auf Basis eines AVP sorgt.

Mit Schreiben vom 30. April 2008 rügte die Antragstellerin u.a. die Zusammenfassung verschiedener Wirkstoffe in einem Vergabeverfahren sowie die Gleichstellungsverpflichtung. Die Antragsgegnerin half den Rügen nicht ab. Nur die Beigeladene gab fristgerecht ein Angebot ab.

Daraufhin hat die Antragstellerin wegen der von ihr geltend gemachten Vergaberechtsfehler mit Schriftsatz vom 30. Mai 2008 die Vergabekammer des Bundes angerufen. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung, aber vor Erlass des Beschlusses hat die Antragstellerin am 22. Juli 2008 sofortige Beschwerde zum Vergabesenat erhoben. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2008 (bei Gericht eingegangen am 29. Juli 2008) hat die Antragsgegnerin Anfechtungsklage gegen die - noch nicht ergangene - Entscheidung der Vergabekammer beim Sozialgericht Hamburg erhoben.

Nachdem die Entscheidungsfrist bis zu diesem Tage verlängert worden ist, hat die Vergabekammer mit Beschluss vom 22. August 2008 dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise stattgegeben. Sie hat die Antragsgegnerin "verpflichtet, bei Fortbestehen der Vergabeabsicht die Vergabeunterlagen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer hinsichtlich der Gleichstellungsverpflichtung zu überarbeiten und das Vergabeverfahren spätestens ab einer Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen." Die übrigen Rügen wies sie zurück. Die Zusammenfassung mehrerer Wirkstoffe in einem Verfahren sei zulässig, weil sie in ihren Wirkungen hinreichend vergleichbar seien.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin am 22. August 2008 den Senat und die Antragsgegnerin am gleichen Tage (mit einem möglicherweise nicht ganz vollständigen Schriftsatz) das Sozialgericht Hamburg angerufen.

Die Antragstellerin ist weiterhin insbesondere der Auffassung, wegen der unterschiedlichen Anwendungsgebiete, Therapien, klinischen Wirkungsweise, Applikationswege, Wirkungsweisen, Infektionsrisiken, Verträglichkeit und Wirtschaftlichkeit seien die fraglichen Wirkstoffe nicht miteinander vergleichbar.

Die Antragsgegnerin hat die Ausschreibung mittlerweile aufgehoben.

Die Antragstellerin hat ihre Anträge der Aufhebung angepasst. Im Hinblick auf eine drohende Neuausschreibung durch die Antragsgegnerin begehrt sie eine Anordnung in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 GWB. Sie stellt daher noch die Anträge,

1. unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass sie in dem Vergabeverfahren "Rabattkooperationen nach § 130a Abs. 8 SGB V über TNF-Blocker" (EU-Vergabebekanntmachung vom 18. April 2008, Dokumenten-Nr. 2008/S 76-102835) über die Wirkstoffe Etanercept, Adalimumab und Infliximab durch die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt worden ist, weil

a. die Wirkstoffe Etanercept, Adalimumab und Infliximab in einem einheitlichen Vergabeverfahren ausgeschrieben worden sind, obgleich diese Wirkstoffe vergaberechtlich nicht vergleichbar sind und dadurch gegen § 97 Abs. 1 GWB, § 25 Nr. 3 VOL/A bzw. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A verstoßen worden ist,

b. gemäß Teil IV - "Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots" zur Anlage 3 zum Schreiben vom der Beschwerdegegnerin vom 16.04.2008 für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots die höchsten erzielbaren Einsparungen ausschlaggebend gewesen si...

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