Leitsatz (amtlich)

Bei der notwendigen objektiven Betrachtungsweise lässt der Wortlaut der Festlegung der Bundesnetzagentur vom 08.09.2010 - BK8-10/004 - in Verbindung mit den weiteren Umständen nur den Schluss zu, dass der in Ziffer 7 der Festlegung näher ausgestalteten Anwendungsvorrang des Erweiterungsfaktors jedenfalls die Fälle nicht mehr erfasst, in denen die geplante Investitionsmaßnahme durch den Erweiterungsfaktor nicht einmal ansatzweise abgedeckt wird.

 

Normenkette

ARegV §§ 10, 23 Abs. 6

 

Verfahrensgang

Bundesnetzagentur (Beschluss vom 04.05.2015; Aktenzeichen BK4-13-256)

 

Tenor

1. Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 04.05.2015, Az.: BK4-13-256 wird insoweit aufgehoben, als die Bundesnetzagentur die Teilmaßnahme Errichtung des 110/10-kV-Umspannwerkes A einschließlich 110-kV-Kabellegung und 110-kV-Netz-Optimierung für Anlagegüter unterhalb der Hochspannungsebene abgelehnt hat und die Bundesnetzagentur wird verpflichtet, die Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwenigen Auslagen der Antragstellerin trägt die Bundesnetzagentur.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin betreibt das Elektrizitätsverteilernetz in ... bestehend aus Teilnetzen in den Netzebenen Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung.

Am 08.09.2010 erließ die Bundesnetzagentur eine Festlegung zur Verwendung anderer Parameter zur Ermittlung des Erweiterungsfaktors nach § 10 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ARegV für Elektrizitätsverteilernetzbetreiber (BK8-10/004). Ziffer 7 der Festlegung enthält folgende Regelung:

"Die Bundesnetzagentur ist der Ansicht, dass § 10 ARegV und § 23 Abs. 6 ARegV auf Sachverhalte, welche durch die Erweiterungsfaktorformel abbildbar sind, nicht kumulativ anwendbar sind ...

Hieraus folgt, dass § 23 Abs. 6 ARegV dem § 10 ARegV nachrangig ist. Der Netzbetreiber hat somit kein Wahlrecht, ob er bezogen auf eine Erweiterung einen Antrag gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 10 ARegV stellen möchte oder einen Antrag gemäß § 23 Abs. 6 ARegV. § 23 Abs. 6 ARegV ist lediglich auf Erweiterungsmaßnahmen anwendbar, die durch den Erweiterungsfaktor nicht abbildbar sind. § 23 Abs. 6 ARegV stellt diesbezüglich eine Auffangregelung dar ..."

Die Antragstellerin griff die Festlegung nicht an.

Am 27.03.2013 beantragte die Antragstellerin die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme nach § 23 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 S. 2 Nr. 7 ARegV für das Projekt "Umstrukturierung ...".

Durch die diesem Projekt unterliegenden Maßnahmen sollen Netzstrukturen im Zentrum von ... in ein modernes, effizienteres und leistungsstärkeres Versorgungsnetz überführt werden. Die Umstrukturierungsmaßnahme umfasst dabei die folgenden Teilmaßnahmen:

  • Optimierung und Umstrukturierung der Mittelspannungs-, Niederspannungs- und Sekundärnetze;
  • Ersatz der 10-kV-Schaltanlagen und der Sekundärtechnik in den Umspannwerken ... und ...;
  • Errichtung des 110/10-kV-Umspannwerkes A einschließlich 110-kV Kabellegung und 110-kV-Netz-Optimierung.

Die Notwendigkeit der beantragten Maßnahme für die Umsetzung der technischen Standards zur Gewährleistung der technischen Sicherheit des Netzes bestätigte die zuständige Energieaufsichtsbehörde des Landes ... mit Schreiben vom 18.04.2013. Nach Aufforderung durch die Bundesnetzagentur ergänzte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29.01.2014 den Sachverhalt und legte unter anderem dar, dass die beantragte Investitionsmaßnahme nicht zur Erschließung neuer Gebiete führe, sondern lediglich eine Umstrukturierung darstelle.

Mit Beschluss vom 04.05.2015 (BK 4-13-256) lehnte die Bundesnetzagentur die Genehmigung der Investitionsmaßnahme nach Anhörung der Antragstellerin im Hinblick auf die Teilmaßnahme Errichtung des 110/10-kV-Umspannwerks A einschließlich 110-kV-Kabellegung und 110-kV-Netz-Optimierung insoweit ab, als Anlagengüter unterhalb der Hochspannungsebene betroffen sind. In dem Beschluss führt die Bundesnetzagentur aus, die Teilmaßnahme sei nicht genehmigungsfähig, soweit sie Anlagengüter unterhalb der Hochspannungsebene betreffe, da der Erweiterungsfaktor vorrangig zur Anwendung komme. Dass nur einzelne Komponenten der Umspannebene Hochspannung/Mittelspannung und der Mittelspannungsebene errichtet würden, führe nicht dazu, dass es sich bei der Maßnahme insgesamt um eine Investition in der Hochspannungsebene handele. Daher sei zur Beurteilung der Frage, welche Anlagengüter der Teilmaßnahme vom Erweiterungsfaktor erfasst würden, eine Abgrenzung der Anlagengüter in solche der Hochspannungsebene auf der einen und der Umspannebene Hochspannung/Mittelspannung und Mittelspannungsebene auf der anderen Seite anhand der Anlage 2 Nr. 5 zu § 13 StromNEV erforderlich.

Nach § 23 Abs. 6 ARegV sei eine Investitionsmaßnahme für Verteilernetzbetreiber nicht genehmigungsfähig, wenn die Maßnahme beim Erweiterungsfaktor berücksichtigt werden könne. Dabei komme es nicht ...

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