Leitsatz (amtlich)
Ob ein verfahrensfehlerhaft vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG im Register eingetragener Hauptversammlungsbeschluss einer AG (hier: Übertragung von Aktien auf den Hauptaktionär - "squeeze-out") bei fristgerecht erfolgter Anfechtung zu löschen ist, richtet sich nicht nach § 142 FGG, sondern allein nach § 144 FGG.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 36 T 19/03) |
AG Düsseldorf (Aktenzeichen HRB X.) |
Nachgehend
Tenor
Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000 Euro.
Gründe
I. Die ordentliche Hauptversammlung der G. AG, Düsseldorf ("G.") vom 13.5.2003 beschloss u. A., dass die Aktien der Minderheitsaktionäre der G. gegen Gewährung einer Barabfindung auf den Hauptaktionär, die G. H. GmbH & Co KG, Düsseldorf ("G. H."), die mit 98,56 % unmittelbar an der G. beteiligt ist, übertragen werden (Übertragungsbeschluss - "squeeze-out").
Die Anmeldung wurde vom Notar am 27.5.2003 beim Handelsregister des AG Düsseldorf eingereicht. Die Anmeldung enthielt die Versicherung des Vorstandes, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nicht erhoben worden sei.
Am 4.6.2003 wurde der Übertragungsbeschluss in das Handelsregister eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG noch nicht abgelaufen.
Die Kursnotierung der AG wurde am 6.6.2003 eingestellt.
Unter dem 16.6.2003 teilte das Registergericht der Gesellschaft mit, dass am 13.6.2003 - also am letzten Tage der Frist des § 246 Abs. 1 AktG - eine Anfechtungsklage der Beschwerdeführerin mit Sitz in Berlin bei dem LG Düsseldorf - Kammer für Handelssachen - eingegangen sei. Ferner kündigte das AG seine Absicht an, die am 4.6.2003 erfolgte Eintragung gem. § 142 FGG von Amts wegen zu löschen.
Dem widersprach die Gesellschaft unter dem 10.7.2003, weil die Amtslöschung gem. § 142 FGG nicht zulässig sei. Die Eintragung des Übertragungsbeschlusses sei zwar durch das AG in verfahrensfehlerhafter Weise vorgenommen wurden, da die Eintragung vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erfolgt sei. Gleichwohl komme eine Löschung nicht in Betracht, weil § 144 Abs. 2 FGG dem § 142 FGG vorgehe. Dessen Voraussetzungen lägen aber nicht vor.
Das AG gab mit Beschluss vom 19.8.2003 dem Widerspruch der Gesellschaft statt und führte zur Begründung aus: Der Übertragungsbeschluss sei verfahrensfehlerhaft eingetragen worden. Die gem. §§ 327 Abs. 2 i.V.m. 319 Abs. 3 Nr. 5 AktG notwendige Negativerklärung des Vorstandes habe zum Zeitpunkt der Anmeldung vorgelegen. Sie habe eine Einschränkung bzw. einen Hinweis auf die noch nicht abgelaufene Frist des § 246 Abs. 1 AktG zur Erhebung einer Anfechtungsklage nicht enthalten. Das Registergericht sei hiernach gehalten gewesen, vor Eintragung den Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist abzuwarten (Krieger in MünchKomm/AktG, 2. Aufl. 1999, 73 Rz. 17; Hüffner, AktG, 5. Aufl. 2002, § 319 Rz. 14). Dies sei nicht geschehen. Trotz des gegebenen Verfahrensfehlers komme eine Löschung der Eintragung gem. § 142 FGG nicht in Betracht, weil auch für diese Fälle die Sondervorschrift des § 144 Abs. 2 FGG die Anwendung der allgemeinen Vorschrift des § 142 FGG ausschließe. Das Gericht folge insoweit der in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung (OLG Köln vom 12.12.2002 - 2 Wx 62/01, NZG 2003, 75; OLG Hamm vom 8.12.1993 - 15 W 291/93, AG 1994, 376 f.; OLG Karlsruhe vom 18.12.1985 - 11 W 86/85, OLGZ 1986, 155 ff. = AG 1986, 167; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl. 1999, § 142 Rz. 6 m.w.N.]. Die Angelegenheit betreffe auch den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 2 FGG. Der Sache nach gehe es um die Löschung eines Hauptversammlungsbeschlusses. Hierfür stelle § 144 Abs. 2 FGG eine Sondervorschrift dar. Eine Amtslöschung auf der Grundlage des § 144 Abs. 2 FGG scheide ebenfalls aus. Der Übertragungsbeschluss der Hauptversammlung verletze durch seinen Inhalt keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Nichtigkeitsgründe i.S.d. § 241 AktG seien nicht erkennbar. In Anbetracht des Fehlens der vorbezeichneten maßgeblichen Voraussetzung könne die Frage eines öffentlichen Interesses an der Beseitigung des Beschlusses offen bleiben.
Hiergegen hat sich die Rechtsmittelführerin beschwert, mit dem Antrag, den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben, das Amtslöschungsverfahren fortzusetzen und die am 4.6.2003 erfolgte Eintragung des Übertragungsbeschlusses gem. §§ 327a ff. AktG zu löschen.
Sie hat vorgetragen, der Vorstand der Gesellschaft habe "bewusst missbräuchlich versucht", die Eintragung des Übertragungsbeschlusses zu erreichen. Entgegen der Auffassung des AG sei § 142 FGG anwendbar, weil sonst auch die Schutzwirkung des § 327e Abs. 2 AktG i. V. mit § 319 Abs. 5 AktG entfiele. Dies gelte umso mehr als die Beschwerdeführerin gem. § 327 Abs. 3 AktG ihr Eigentum durch die Eintragung des Übertragungsbeschlusses verloren habe.
Das LG hat am 23.12...