Leitsatz (amtlich)
1. Wird in Ausführung eines Eigentümerbeschlusses auf einer zur Sondernutzung zugewiesenen Vorgartenfläche mit Zustimmung des Sondernutzungsberechtigten ein Baugerüst aufgebaut und zur Durchführung notwendiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum genutzt und werden hierdurch auf dieser Fläche stehende Pflanzen des Sondernutzungsberechtigten beschädigt oder zerstört, so kann er eine Entschädigung entsprechend § 14 Nr. 4 Halbs. 2 WEG beanspruchen.
2. Ein nach Durchführung der Maßnahme gefasster Eigentümerbeschluss, der diesen Entschädigungsanspruch vollständig ausschließt, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 4, § 23 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 18.05.2005; Aktenzeichen 11 T 379/05) |
AG Oberhausen (Aktenzeichen 10-II 106/04 WEG) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des 3. Rechtszugs an das LG zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 925,44 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten bilden die eingangs näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligten zu 1) machen einen Schadensersatzanspruch wegen der angeblichen Beschädigung von Pflanzen in ihrem Vorgarten geltend, der sich u.a. auf einer zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Fläche befindet, die nach der Teilungserklärung den Beteiligten zu 1) als Sondereigentümern einer im Haus Nr. 4a gelegenen Wohnung zur Sondernutzung zugewiesen ist.
Der Vorgarten wurde von den Beteiligten zu 1) u.a. mit Bodendeckern bepflanzt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss, Arbeiten zur Sanierung des Putzes an dem Haus Nr. 4a durchführen zu lassen. Um diese Arbeiten ausführen zu können, wurde auf der Vorgartenfläche eine Gerüst aufgebaut. Nach Abschluss der Arbeiten und Abbau des Gerüsts machten die Beteiligten zu 1) geltend, durch diese Arbeiten seien Pflanzen im Vorgarten zerstört bzw. geschädigt worden. Die Beteiligten zu 1) meldeten unter Vorlage von Angeboten zweier Gartenbaufirmen Schäden i.H.v. insgesamt 2.253,23 EUR an. Eines dieser Angebote belief sich auf 925,44 EUR netto für die Neubepflanzung mit Bodendeckern. Weitere Miteigentümer, denen Sondernutzungsrechte an anderen Gartenflächen zustanden, machten ebenfalls Schadensersatzforderungen gegen die Gemeinschaft geltend. Auf einer Eigentümerversammlung am 5.11.2002 wurde nach Diskussion der Antrag, "die angemeldeten Schäden im Bereich der Sondernutzungsrechte Garten auf Basis der vorliegenden Angebote zu regulieren", mehrheitlich abgelehnt. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten.
Die Beteiligten zu 1) haben vorgetragen: Durch die Sanierungsarbeiten sei die Bepflanzung in ihrem Vorgarten zerstört bzw. beschädigt worden. Die betroffenen Bodendecker seien gem. § 95 BGB ihr Eigentum gewesen. Die Eigentümergemeinschaft habe die Kosten i.H.v. 925,44 EUR, die gem. dem Angebot der Firma T. für die Wiederanpflanzung von 25 qm Pachysandra und 20 qm Cotaneaster erforderlich seien, zu erstatten. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 5.11.2002 zu TOP 6.2 sei mangels Beschlusskompetenz der Gemeinschaft nichtig. Die Gemeinschaft könne nicht über materiell-rechtliche Ansprüche eines Wohnungseigentümers disponieren.
Die Beteiligten zu 1) haben beantragt, die Wohnungseigentümergemeinschaft K. 2 bis 4a, bestehend aus sämtlichen Beteiligten, zu verurteilen, an sie 925,44 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.3.2002 zu zahlen.
Die übrigen Beteiligten haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben vorgetragen: Durch den Beschl. v. 5.11.2002 zu TOP 6. 2 seien sämtliche Schadensersatzansprüche der Beteiligten zu 1) ausgeschlossen. Der Beschluss sei bestandskräftig und bindend. Im Übrigen stünden die beschädigten Pflanzen nicht im Eigentum der Beteiligten zu 1). Es werde bestritten, dass die von den Beteiligten zu 1) geltend gemachten Schäden in diesem Ausmaß und dieser Höhe durch die Sanierung entstanden seien.
Das AG hat den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Beteiligten zu 1) hätten gegen die Gemeinschaft keinen Anspruch auf Erstattung der streitgegenständlichen Kosten, weil die Gemeinschaft die Regulierung dieser Kosten durch Beschl. v. 5.11.2002 zu TOP 6.2 abgelehnt habe. Der Beschluss sei nicht nichtig. Eine etwaige Schadensersatzforderung der Beteiligten zu 1) habe die Eigentümergemeinschaft durch Beschluss regeln dürfe. Es sei anerkannt, dass ein Beschluss, der die Entschädigung der durch Bauarbeiten am Gemeinschaftseigentum betreffoffenen Wohnungseigentümer gem. § 14 Nr. 4 WEG pauschal regele, nicht nichtig sei (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 14 Rz. 60). Denn die Pflicht des § 14 Nr. 4 WEG, das Betreten und die Benutzung des Sondereigentums - bzw. entsprechend des Sondernutzungsrechts - zu gestatten, sei eine Pflicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Folglich sei die damit in rechtlichem Zusammenhang stehende Schadensersatzpflicht n...