Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbot von Negativpreisen in Vergabebedingungen unwirksam
Verfahrensgang
Vergabekammer Bezirksregieurng Arnsberg (Beschluss vom 06.07.2010; Aktenzeichen VK 07/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 6.7.2010 (VK 07/10) aufgehoben. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Vergabekammer sowie die der Antragsgegnerin und der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Antragstellerin. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin und die Beigeladene war notwendig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagender Antragsgegnerin und der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 387.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin schrieb Bauarbeiten (Straßenbau, Erd- und Kanalbau) europaweit aus. Dem Formblatt "Aufforderung" zufolge sollte der Vordruck "HVA B-StB-EG-Bewerbungsbedingungen" Bestandteil der Heftung sein. In Nr. 7 war vorgesehen, dass "die anliegenden EG-Bewerbungsbedingungen ... zu beachten" seien. Beigefügt war jedoch nicht das Formblatt "HVA B-StB-EG-Bewerbungsbedingungen", sondern das für nationale Ausschreibungen vorgesehene Formblatt "HVA B-StB-Bewerbungsbedingungen". Dort hieß es unter "B. Ergänzung für den Straßen- und Brückenbau" unter 3. wie folgt:
Hauptangebote mit negativen Einheitspreisen werden von der Wertung ausgeschlossen. Das gilt nicht, soweit negative Einheitspreise ausdrücklich für bestimmte OZ (Positionen) in der Leistungsbeschreibung zugelassen sind.
Unter 5. "Nebenangebote" hieß es dort:
1. Nebenangebote mit negativen Einheitspreisen werden nur gewertet, wenn die betreffende OZ (Position) als Pauschale angeboten wird.
Entsprechende Vorschriften sind auch in den - nicht beigefügten - HVA B-StB-EG-Bewerbungsbedingungen enthalten.
Das Angebot der Beigeladenen enthielt in einigen Positionen negative Preise. Nach Einholung zweiter sich widersprechender Gutachten entschied sich die Antragsgegnerin, dem Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Dies rügte die Antragstellerin nach Erhalt der Bietermitteilung und reichte nach Zurückweisung der Rüge einen Nachprüfungsantrag ein.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, unabhängig von der Verwechslung der Formulare seien negative Preise unzulässig, das Angebot der Beigeladenen damit auszuschließen. Sie habe davon auch nicht auf unlautere Weise Kenntnis erlangt. Sie hat daher beantragt,
1. festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist,
2. festzustellen, dass der beabsichtigte Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen nicht erteilt werden darf, weil deren Angebot wegen der Abgabe negativer Einheitspreise ausgeschlossen werden muss und demzufolge die Auftraggeberin zu verpflichten, die Angebotswertung unter Berücksichtigung des Ausschlusses zu wiederholen;
3. hilfsweise, andere zur Wahrung der Rechte der Antragstellerin erforderliche Anordnungen zu treffen.
Antragsgegnerin und Beigeladene haben beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Sie haben den Antrag für unzulässig erachtet, weil die Antragstellerin Kenntnis von den zur Stützung ihres Antrages herangezogenen Tatsachen nur auf unlautere Weise erlangt haben könne. Auf die fragliche Klausel könne ein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen bereits deswegen nicht gestützt werden, weil lediglich die nationalen Bewerbungsbedingungen beigefügt gewesen seien, die aber nicht hätten gelten sollen. Zudem sei das Verbot negativer Preise unwirksam. Die Beigeladene hat hinzugefügt, das Verbot gelte nicht für Entsorgungsdienstleistungen, um die es hier gehe.
Die Vergabekammer hat die Vergabestelle angewiesen, bei Fortbestand der Vergabeabsicht vor Zuschlagsentscheidung die Angebote unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen neu zu werten. Sie ist davon ausgegangen, die Antragsgegnerin habe wirksam ein Verbot negativer Preise ausgesprochen. Das Angebot der Beigeladenen habe in diesen Punkten keine ordnungsgemäßen Preisangaben enthalten.
Dagegen richten sich die Beschwerden der Beigeladenen und der Antragsgegnerin. Sie ergänzen und vertiefen ihre vor der Vergabekammer vertretene Auffassung und beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Vertiefung ihres Vortrages vor der Vergabekammer.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II. Die zulässigen Beschwerden von Antragsgegnerin und Beigeladener haben Erfolg.
Dabei kann offen bleiben, ob der Rüge der Antragstellerin entgegen steht, dass ihre Kenntnis von den zu ihrer Begründung herangezogenen Tatsachen auf einem unlauteren Verhalten beruht, wie die Antragsgegnerin und die Beigelade...