Nachgehend
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. EG L 134 S. 114 vom 30.04.2004 - zukünftig nur Richtlinie genannt) gemäß Art. 234 Abs. 1 EG folgende Fragen vorgelegt:
1.
a)
Ist das Tatbestandsmerkmal der "Finanzierung durch den Staat" des Art. 1 Absatz 9, 2. Unterabsatz, lit. c), 1. Alternative der Richtlinie dahin auszulegen, dass der Staat die Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung sowie die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen - deren Höhe vom Einkommen abhängig ist - an die jeweilige Krankenkasse anordnet, wobei die Krankenkasse den Beitragssatz festlegt, die Krankenkassen aber durch ein in den Gründen näher geschildertes System der solidarischen Finanzierung miteinander verbunden sind und die Erfüllung der Verbindlichkeiten jeder einzelnen Krankenkasse gesichert ist ?
b)
Ist das Tatbestandsmerkmal in Art. 1 Absatz 9, 2. Unterabsatz, lit. c) 2. Alternative, demzufolge die Einrichtung "hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt", dahin auszulegen, dass eine staatliche Rechtsaufsicht, die auch noch laufende oder zukünftige Geschäfte betrifft, - gegebenenfalls zuzüglich weiterer in den Gründen geschilderter Eingriffsmöglichkeiten des Staates - für die Erfüllung des Merkmals ausreicht ?
2.
Falls die erste Vorlagefrage - in a) oder b) - mit "ja" zu beantworten ist, sind die lit. c) und lit. d) von Art. 1 Absatz 2 der Richtlinie dahin auszulegen, dass die Zurverfügungstellung von Waren, die in ihrer Form individuell nach den Erfordernissen des jeweiligen Kunden hergestellt und angepasst sowie über deren Nutzung die jeweiligen Kunden individuell zu beraten sind, als "Lieferaufträge" oder als "Dienstleistungsaufträge" einzustufen sind ? Ist dabei nur der Wert der jeweiligen Leistungen zu berücksichtigen ?
3.
Falls die in Frage 2 genannte Zurverfügungstellung als "Dienstleistung" einzustufen ist oder sein könnte, ist Art. 1 Absatz 4 der Richtlinie - in Abgrenzung zu einer Rahmenvereinbarung im Sinne des Art. 1 Absatz 5 der Richtlinie - dahin auszulegen, dass unter einer "Dienstleistungskonzession" auch eine Auftragserteilung in der Form zu verstehen ist, bei der
-
die Entscheidung darüber, ob und in welchen Fällen der Auftragnehmer mit Einzelaufträgen beauftragt wird, nicht vom Auftraggeber, sondern von Dritten getroffen wird,
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die Bezahlung des Auftragnehmers durch den Auftraggeber erfolgt, weil allein Letzterer kraft Gesetzes alleiniger Vergütungsschuldner und den Dritten gegenüber zur Erbringung der Dienstleistung verpflichtet ist, und
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der Auftragnehmer vor Inanspruchnahme durch den Dritten keine Leistungen irgendwelcher Art erbringen oder vorhalten muss ?
Gründe
I.
Die mit der A. H. zur Antragsgegnerin verschmolzene A. R., eine gesetzliche Krankenkasse, forderte durch Bekanntmachung in der Zeitschrift "Orthopädie-Schuhtechnik" im Juni 2006 Orthopädie-Schuhtechniker zur Abgabe von Angeboten über die Anfertigung und Lieferung von Schuhwerk zur integrierten Versorgung i.S.v. §§ 140 a H. SGB V bei diabetischem Fußsyndrom für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis zum 31.12.2006 auf.
Nach den "Besonderen Vertragsbedingungen" war vorgesehen, dass sich der Patient mit einer Krankenversicherungskarte und einer entsprechenden ärztlichen Verordnung unmittelbar bei dem entsprechenden Orthopädie-Schuhtechnikermeister melden sollte; eine Kostenübernahmeerklärung der Antragsgegnerin war überflüssig. Die Aufgabe des Vertragspartners bestand in der Herstellung und Kontrolle eines individuell angepassten orthopädischen Schuhs, wobei vor dem Ausmessen, bei der Auslieferung und bei den vorgeschriebenen Kontrollen jeweils ausführliche Beratungen stattzufinden hatten. Die zu erbringenden Leistungen waren je nach Aufwand in unterschiedliche Pauschalgruppen eingeteilt, für die der Bieter Preise einzutragen hatte. Die Zahlungen sollten - abgesehen von Zuzahlungen der Patienten - durch die Antragsgegnerin erfolgen.
Die Antragstellerin, ein Orthopädie-Schuhmacherbetrieb, reichte ein Angebot ein und rügte zwei Tage später Vergaberechtsverstöße. Die Beanstandungen wurden von der Antragsgegnerin mit der Begründung zurückgewiesen, die vergaberechtlichen Vorschriften seien nicht einschlägig.
Die Antragstellerin leitete daraufhin ein Vergabenachprüfungsverfahren ein. Die angerufene Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Sie ist zwar davon ausgegangen, dass es sich bei der Antragsgegnerin um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) handele. Ihre Ausschreibung betreffe einen Dienstleistungsauftrag, weil die Aufklärung und Wissensvermittlung an den Patienten den Auftrag präge. Als Dienstleistungskonzession sei der ...