Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anerkennung ukrainischer Adoption bei mangelnder Kindeswohlprüfung

 

Normenkette

AdWirkG § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 16.08.2010)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Düsseldorf vom 16.8.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000 EUR (§§ 40 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 2 und 3 FamGKG).

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Anerkennung der Adoptionsentscheidung des Rayongerichts Irschawa (Ukraine) vom 22.7.2009. Das AG hat den Antrag durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Anerkennung der Adoptionsentscheidung sei ausgeschlossen, da sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar sei. Es habe keine hinreichende Prüfung des Kindeswohls stattgefunden, da weder die Beziehung der Kinder zur Antragstellerin noch die Eignung der Antragstellerin, insbesondere ihre Lebensumstände, untersucht worden seien.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, die Adoptionsentscheidung sei anerkennungsfähig. Die Adoption entspreche dem Kindeswohl, das vom Rayongericht durch Anhörung des Jugendamtes auch geprüft worden sei. Bereits sehr schnell nach dem Kennenlernen habe sich aufgrund der großen emotionalen Bedürftigkeit der Kinder eine enge und gute Beziehung zur Antragstellerin entwickelt. Diese habe sich durch zahlreiche Besuche der Antragstellerin bei den Kindern, die seit der Adoption im Haushalt der Eltern der Antragstellerin leben, verfestigt. Auch sei nach der Adoption nochmals die Eignung und die Unterbringung der Kinder durch das Jugendamt überprüft worden. Eine Überprüfung der Lebensumstände der Antragstellerin in Deutschland sei nicht möglich gewesen, da keine fachliche Stelle ohne Beauftragung durch das Gericht dazu bereit sei.

II. Die gem. §§ 5 Abs. 4 S. 2, Abs. 3 S. 1 AdWirkG, 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Zunächst ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, dass das AG für die betroffenen Kinder einen Verfahrensbeistand oder Ergänzungspfleger nicht bestellt hat. Die Kinder sind nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sog. Muss-Beteiligte, da ihre Rechte durch das Anerkennungsverfahren unmittelbar betroffen werden. Dabei werden sie durch die Antragstellerin gesetzlich vertreten. Die Vertretung der Kinder, die sich gem. Art. 21 EGBGB nach dem Recht der Ukraine richtet, ist nach der Entscheidung des Rayongerichts Irschawa gegeben, ohne dass es darauf ankommt, ob die Adoptionswirkung dieser Entscheidung auch außerhalb der Ukraine anzuerkennen ist. Der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedurfte es daher nicht. Da - wie unten näher dargelegt wird - der Anerkennung erhebliche, zur Abweisung des Antrags führende Gründe des ordre public entgegenstehen, sind die Interessen der Kinder entweder durch die Abweisung des Antrags oder die gegenläufigen Interessen der Antragstellerin in einer Weise gewahrt, dass es auch der Bestellung eines Verfahrensbeistandes nicht bedarf.

2. Zu Recht hat das AG dem Antrag auf Anerkennung der Adoptionsentscheidung nach § 2 Abs. 1 AdWirkG nicht entsprochen, da Anerkennungshindernisse nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG entgegenstehen.

Danach ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (ordre public) offensichtlich unvereinbar ist.

Zu diesen Grundsätzen zählt der durch Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtliche geschützte Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs. Danach sind die leiblichen Eltern der Kinder zur Gewährung rechtlichen Gehörs zwingend am Verfahren zu beteiligen. Auch wenn im Ergebnis die Voraussetzungen - nach ukrainischem Recht - für eine Ersetzung der Zustimmung vorliegen mögen, lässt dies nicht den genannten Anspruch der Eltern entfallen. Tatsächlich wurden die Mutter der Kinder und der Vater des am 3.7.2006 geborenen Kindes, jetzt: Johanna-Lara S-C S, im Rahmen des Adoptionsverfahrens nicht angehört. Ihre Beteiligung in den vorangegangenen Verfahren zum Entzug des Sorgerechts, in denen die Adoption und die damit verbundene Beendigung des verwandtschaftlichen Verhältnisses nicht Gegenstand waren, vermag dem Anspruch auf rechtliches Gehör nicht zu genügen.

Des Weiteren ergibt sich die Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen des deutschen Rechts, zu denen im Fall der Minderjährigenadoption die Ausrichtung der Entscheidung am Kindeswohl zählt, daraus, dass eine hinreichende Kindeswohlprüfung der Entscheidung nicht vorausgegangen ist. Eine solche Prüfung muss die Fragen nach einem Adoptionsbedürfnis, nach der Elterneignung der Annehmenden und nach dem Bestehen oder dem erwarteten Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung umfassen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1522 ff.; OLG Celle, 17 UF 98/11, Beschluss vom 12.10.2011, zit. nach juris). Wenn - wie hi...

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