Leitsatz (amtlich)
Eine gem. § 546 BGB bestehende Verpflichtung des Schuldners, Aufbauten und Anlagen zu beseitigen, wird von der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe grundsätzlich nicht umfasst, weil er Urteilsausspruch nicht erkennen lässt, welche Grundstücksbestandteile gem. § 94 BGB zu entfernen sind. Streitigkeiten über den Umfang einer Beseitigungsverpflichtung sind jedoch grundsätzlich in einem Erkenntnisverfahren zu klären.
Verfahrensgang
LG Kleve (Beschluss vom 10.11.2014; Aktenzeichen 3 O 160/13) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des Klägers der Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Kleve vom 10.11.2014 teilweise abgeändert und der Antrag des Klägers vom 16.10.2014 zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
III. Beschwerdewert: bis EUR 28.000,-
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag vom 5.8.1980 (GA 165 ff.) über die Ufergrundstücke Gemarkung Sch, Flur X, Flurstück 77, 79 und 80 wurde durch die Kündigung des Klägers vom 5.11.2011 (Anlage K5, GA 173) beendet. In einem vor dem AG Geldern geführten Rechtsstreit (4 C 258/11) schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 14.6.2012 einen Widerrufsvergleich (Anlage K3, GA 21 ff.), der auszugsweise wie folgt lautet:
"1. Die Flächen Flur X Gemarkung Sch., Flurstücke 77 teilweise - in dem aus der Anlage ersichtlichen südlichen Teil-, 78,79 und 80 werden zum 31.10.2012 von den Beklagten geräumt an die Klägerin bzw. Herrn T. Th., hinsichtlich Flur 78 herausgegeben.
Sämtliche Aufbauten, Einrichtungen und Fundamente der vorgenannten Fläche werden entfernt und die Oberfläche anschließend fachgerecht mit Mutterboden nivelliert.
2. Das Pachtverhältnis hinsichtlich des Flurstück 77 aus dem aus der Anlage ersichtlichen nördlichen Teil (rot umrandet) wird auf der Grundlage des Pachtvertrages vom 5.8.1980 ab dem 1.11.2012 mit nachfolgenden Modifikationen fortgesetzt:...
d) Bei Beendigung des Pachtverhältnisses werden alle von den Beklagten oder deren Rechtsvorgänger errichteten Aufbauten auf ihre Kosten einschließlich eventueller Fundamentierungen entfernt. Dies gilt nicht für solche Aufbauten, bzgl. derer die Klägerin spätestens 3 Monate vor Beendigung des Pachtverhältnisses schriftlich auf den Rückbau verzichtet ...".
Der Rechtsstreit vor dem AG wurde fortgesetzt, weil die Parteien darüber stritten, ob die Beklagten den Vergleich wirksam widerrufen hatten. Mit seinem am 19.12.2012 verkündeten Urteil stellte das AG fest, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 14.6.2012 erledigt ist (Anlage B1, GA 146 ff.). Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten wurde vom LG Kleve (6 S 9/13) mit Beschluss vom 10.5.2013 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen (Anlage K3, GA 21 f.).
Nachdem die Beklagten mit dem Pachtzins für den nördlichen Teil des Flurstücks 77 in Verzug geraten waren, kündigte der Kläger fristlos. Die Beklagten räumten das Grundstück nicht. Am 24.6.2013 erhob der Kläger vor dem LG Kleve Klage und beantragte, die Beklagten zur Zahlung von EUR 4.112,- nebst Zinsen sowie zur Räumung und Herausgabe des näher bezeichneten nördlichen Teils des Flurstücks 77 zu verurteilen. Nachdem die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17.9.2013 nicht erschienen waren, erließ das LG auf Antrag des Klägers ein stattgebendes Versäumnisurteil. Hiergegen legten die Beklagten form- und fristgerecht Einspruch ein. Mit seinem am 29.11.2013 verkündeten Urteil stellte das LG fest, dass der Zahlungsantrag gemäß dem übereinstimmenden Antrag der Parteien erledigt sei. Das Versäumnisurteil wurde jedoch hinsichtlich der titulierten Räumungs- und Herausgabeverpflichtung der Beklagten aufrechterhalten (GA 90 ff.).
Mit Schriftsatz vom 28.7.2014 hatte der Kläger zunächst beantragt,
1. ihn als Gläubiger zu ermächtigen, die den Beklagten als Schuldner nach dem Vergleich und dem Urteil obliegenden vertretbaren Handlungen, nämlich sämtliche Aufbauten, Einrichtungen und Fundamente der Flurstücke 77, 78,79 und 80 zu entfernen und die Oberfläche anschließend fachgerecht mit Mutterboden zu nivellieren auf Kosten der Beklagten im Wege der Ersatzvornahme durch den Kläger oder einem von ihm zu beauftragenden Dritten vornehmen zu lassen;
2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn für die durch die nach 1. vorzunehmende Ersatzvornahme einen Kostenvorschuss i.H.v. EUR 48.133,72 zu zahlen.
Mit Beschluss vom 13.10.2014 hat das LG Hinweise erteilt (GA 178).
Mit Schriftsatz vom 16.10.2014 hat der Kläger sodann seinen Antrag modifiziert und beantragt,
1. ihn als Gläubiger zu ermächtigen, die den Beklagten als Schuldner die gemäß dem Urteil des LG Kleve vom 29.11.2013 (3 O 160/13) obliegenden vertretbaren Handlungen, nämlich die Räumung und Entfernung aller Aufbauten, Einrichtungen einschließlich eventueller Fundamentierungen auf dem Flurstück 77, nördlicher Teil, auf Kosten der Beklagten im Wege der Ersatzvornahme durch i...