Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer nach Erledigung des Beschwerdeverfahrens. Ausschluss eines Angebots wegen fehlender Angaben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Auftraggeber in der Aufforderung zur Angebotsabgabe verbindliche Preisangaben und eine Kostenkalkulation sowie Angaben von beispielhaften Maßnahmekosten gefordert, so ist ein Angebot, das diese Angaben mit der Begründung nicht enthält, die Kosten für die Umsetzung einzelner Projektbausteine könnten erst nach Einigung über den genauen Aufgabenumfang bestimmt werden, zwingend von der Wertung auszuschließen. Dabei ist das in § 25 Nr. 1 Abs. 2a VOL/A eingeräumte Ermessen des Auftraggebers angesichts der klaren Formulierung der Angebotsunterlagen auf Null reduziert und der Ausschluss zwingend.

2. Erledigt sich ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren im Laufe des Beschwerdeverfahrens vor dem Vergabesenat, so ist in Anwendung des § 91a ZPO über die Kosten des Beschwerdeverfahren und auch des Verfahrens vor der Vergabekammer nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags zu entscheiden. Entgegen der Entscheidung des OLG Dresden - WVerg 15/06 - 16.11.2006 - bleibt die Kostenentscheidung der Vergabekammer nicht unberührt, sondern unterliegt ebenfalls der Nachprüfung (BGH - 25.10.2005 - X ZB 15/05).

 

Normenkette

GWB § 115 Abs. 1, 1 S. 1, §§ 121, 121 Abs. 1, § 128 Abs. 1, 1 S. 2; VwKostG § 13 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat - als Gesamtschuldnerin neben der Antragstellerin zu 2 - die Antragstellerin zu 1 zu tragen. Ihre Aufwendungen im Verfahren der Vergabekammer haben die Verfahrensbeteiligten jeweils selbst zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin zu 1 auferlegt.

Die Kosten des Verfahrens nach § 121 GWB trägt der Antragsgegner. Die Beigeladene hat die ihr in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren und das Verfahren nach § 121 GWB bis zum 20. Oktober 2005: 809.680 €

seither: bis 40.000 €

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner führte ein beschleunigtes nicht offenes Verfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb zur Vergabe eines Auftrags über die Ausführung einer nationalen Service- und Freundlichkeitskampagne im Rahmen der Vorbereitung der Fußball-Weltmeisterschaft durch. Gegenstand der an eine Agentur zu vergebenden Leistung war (1.) die Entwicklung einer Wortbildmarke (key visual), (2.) die Entwicklung eines Kommunikationskonzeptes, (3.) die Entwicklung eines Multiplikatorenkonzeptes zur Einbindung aller Partner der touristischen Leistungskette sowie (4). die Erstellung eines PR-Konzeptes.

Neben anderen Bietern wurden auch die beiden Antragstellerinnen und die Beigeladene zur Angebotsabgabe zugelassen. Der Zuschlag sollte dem Angebot der Beigeladenen erteilt werden.

Dagegen stellten die Antragstellerinnen einen Antrag auf Nachprüfung, den die Vergabekammer mit teilweise bestandskräftigem Beschluss vom 19. Juli 2005 dahin beschied, dass die Wertung der Angebote der Antragstellerin zu 1 und der Beigeladenen zu wiederholen sei. Den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 2 verwarf die Vergabekammer. Die Beigeladene hat mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer im Wesentlichen geltend gemacht: Das Angebot der Antragstellerin zu 1 sei infolge fehlender Preisangaben und Erklärungen sowie von Änderungen an den Verdingungsunterlagen und infolge einer unzulässigen wettbewerbswidrigen Absprache mit der Antragstellerin zu 2 zwingend von der Wertung auszuschließen. Die Beigeladene hat den Antrag angekündigt, dass unter Zurückweisung des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin zu 1 der Beschluss der Vergabekammer aufgehoben werde, soweit darin die Wiederholung der Angebotswertung bezüglich ihres eigenen und des Angebotes der Antragstellerin zu 1 angeordnet worden sei. Der Antragsgegner hat beantragt, ihm gemäß § 121 Abs. 1 GWB zu gestatten, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Der Antragsgegner erneuerte die Angebotswertung am 25. August 2005 in dem ihm aufgegebenen Umfang und gab mit Schreiben vom 1. September 2005 bekannt, den Zuschlag weiterhin dem Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen. Darauf stellte die Antragstellerin zu 1 die erneute Angebotswertung in einem zweiten Nachprüfungsverfahren zur Überprüfung. Der Antragsgegner beantragte dort, ihm gemäß § 115 Abs. 1 GWB den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu gestatten. Mit Beschluss vom 30. September 2005, VK 3-130/05, hob die Vergabekammer im zweiten Vergabenachprüfungsverfahren das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 Satz 1 GWB auf. Der Antragsgegner erteilte auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag. Daraufhin nahm die Antragstellerin zu 1 den Nachprüfungsantrag zurück.

Danach hat die Beigeladene das vorliegende Beschwerdeverfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Antragstellerin zu 1 und der Antragsgegner haben ...

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