Leitsatz (amtlich)
›Der im Vaterschaftsanfechtungsverfahren beigeladenen Kindesmutter kann, sofern sie beitritt, regelmäßig Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts bewilligt werden.‹
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 4 F 279/00) |
Gründe
Mit ihrer nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässigen Beschwerde wendet sich die nach § 640 e ZPO beigetretene Kindesmutter, die dem vom Kindesvater betriebenen Vaterschaftsanfechtungsverfahren erst nach ihrer Anhörung zu einem Zeitpunkt beigetreten war, als die Einholung eines Abstammungsgutachtens unmittelbar bevorstand, gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Amtsgericht. Diese Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Zwar entspricht die vom Amtsgericht vertretene Auffassung zur Versagung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwillligkeit einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ( OLG Düsseldorf, FamRZ 95, 1506; OLG Karlsruhe, FamRZ 98, 485; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, 59. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 10; Zöller-Philippi, 22. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 54; Stein-Jonas-Bork, 21. Aufl., vor § 114 ZPO Rdnr. 57; Thomas-Putzo-Reichold, 22. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 6; Musielak-Fischer, 2. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 28).
Der Senat schließt sich dieser Auffassung jedoch nicht an.
Gemäß § 640 e ZPO ist die Kindesmutter im Vaterschaftsanfechtungsverfahren des Kindesvaters zwingend beizuladen, um ihr auf diese Weise rechtliches Gehör zu verschaffen in einem Verfahren, das unmittelbare und gravierende Auswirkungen auch auf sie hat. Dann aber muss ihr auch gestattet sein, dass sie sich entsprechend der gesetzlichen Regelung rechtliches Gehör verschafft und dem Verfahren beitritt. Schon aus diesem Grunde und zu diesem Zweck ist ihr Prozeßkostenhilfe zu bewilligen (so im Ergebnis auch MÜ-Ko- Wax, 2. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 146 unter Hinweis auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte Bremen, Saarbrücken und Frankfurt). Ihr Beitritt kann unabhängig von der Frage, auf wessen Seite er erfolgt, ob und welche Beiträge von ihr noch für die von ihr unterstützte Partei zu erwarten sind, nicht als aussichtslos oder mutwillig qualifiziert werden. Insoweit gilt nichts anderes als für den Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren, der mit der Ehescheidung einverstanden ist und nach ständiger Rechtsprechung des Senats ebenfalls Prozesskostenhilfe erhält.
Tritt die Kindesmutter bei und bedient sie sich hierzu eines Rechtsanwaltes, so ist ihr wegen der erheblichen Bedeutung der Sache regelmäßig auch ein Rechtsanwalt beizuordnen, § 121 Abs. 2 ZPO. Insoweit gilt ebenfalls nichts anderes als im Falle der Beiordnung eines Rechtsanwalts an die Partei selbst. Auch dieser wird im Vaterschaftsanfechtungsverfahren regelmäßig ein Rechtsanwalt beigeordnet, soweit sie nicht bereits - gleichwertig - durch das Jugendamt vertreten ist. Die Vertretung der beklagten Kinder durch das Jugendamt steht der Beiordnung eines Rechtsanwalts an die beitretende Kindesmutter nicht entgegen, weil diese ihre Rechte grundsätzlich unabhängig von denen der Kinder wahrnehmen kann. Soweit der Senat mit Beschluss vom 22. Januar 2001 - 1 WF 299/00 - hierzu eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nach erneuter Überprüfung nicht fest.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 127 Abs. 4 ZPO ohne Kostenerstattungsanordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 2962392 |
FamRZ 2001, 1467 |
www.judicialis.de 2001 |