Leitsatz (amtlich)
›1. Die Neuregelung der Kindergeldanrechnung in § 1612b Abs. 5 BGB in der Fassung vom 2. November 2000 ist verfassungsgemäß.
2. Keine Dynamisierung der Kindergeldanrechnung in Unterhaltstiteln nach der Neufassung des § 1612b Abs. 5 BGB.‹
Verfahrensgang
AG Wesel (Aktenzeichen 17 FH 68/00) |
Gründe
Das Amtsgericht hat durch Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 07.02.2001 im vereinfachten Verfahren den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller ab 01.01.2001 Unterhalt in Höhe von 107% des jeweiligen Regelbetrages der 3. Altersstufe zu zahlen und festgestellt, dass zur Zeit Kindergeld nicht anzurechnen ist.
Dagegen richten sich die Beschwerden beider Parteien.
Der Antragsgegner stützt seinen Rechtsbehelf ausschließlich auf Verfassungswidrigkeit des § 1612 b Abs. 5 BGB in der seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung.
Der Antragsteller beanstandet, dass das Amtsgericht die Kindergeldanrechnung nicht dynamisiert hat.
Beide gemäß § 652 ZPO zulässigen Beschwerden sind unbegründet.
I.
Beschwerde des Antragsgegners
Der Senat sieht keine Veranlassung, gemäß Art. 100 GG das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, weil keine Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des § 1612 b Abs. 5 BGB bestehen.
Diese Vorschrift verletzt die in Frage kommenden Grundrechte der Art. 3 und 6 GG nicht.
Zunächst lässt sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht daraus herleiten, dass der den Betreuungsunterhalt leistende Elternteil, der gemäß § 64 EStG aufgrund des Obhutsprinzipes das Kindergeld bezieht, die ihm gebührende Hälfte des Kindergeldes für sich behalten darf, während der barunterhaltspflichtige Elternteil, das ihm zustehende hälftige Kindergeld für Unterhaltszwecke einsetzen muss, wenn er aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht in der Lage ist, das Existenzminimum des Kindes, also 135% des Regelbetrages, sicherzustellen. Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn eine ungleiche Regelung willkürlich ist, d.h. kein hinreichender sachlicher Grund besteht. Der vom Antragsgegner beanstandeten gesetzlichen Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass der den Betreuungsunterhalt leistende Elternteil seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt, § 1603 Abs. 3 BGB. Dies bedeutet, dass dieser Elternteil seinen Anteil an der gesamten Unterhaltsverpflichtung durch die Betreuungsleistungen sicherstellt. Damit erfüllt er seine Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums des Kindes. Dies rechtfertigt es, ihm in Ansehung des § 1612 b Abs. 5 BGB das hälftige Kindergeld zu belassen. Ist der barunterhaltspflichtige Elternteil aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht in der Lage, gleichwertigen Barunterhalt zu leisten, also ebenfalls das Existenzminimum des Kindes durch den Barunterhalt zu gewährleisten, ist er gehalten, den ihm zustehenden Kindergeldanteil für Unterhaltszwecke einzusetzen. Der sachliche Grund für die ungleiche Behandlung des Kindergeldes besteht also darin, dass der geschuldete Barunterhalt ohne Anrechnung des Kindergeldes nicht ausreicht, das Existenzminimum des Kindes sicherzustellen. Diese Zielsetzung hat den Gesetzgeber im Hinblick auf die Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB veranlasst, dem barunterhaltspflichtigen Elternteil je nach Leistungsfähigkeit die Verpflichtung aufzuerlegen, den ihm gebührenden Kindergeldanteil für den Unterhalt einzusetzen, um seinen Teil zur Sicherstellung des Existenzminimums beizutragen. Der Grund der Ungleichbehandlung liegt also darin, dass Bar- und Betreuungsunterhalt gleichwertig sind. Dies entspricht der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt dargelegt, dass im Lichte des Art. 3 Abs. 2 GG auch die unmittelbaren Leistungen der Frau bei der Führung des Haushalts und der Pflege und Erziehung des Kindes als Unterhaltsleistungen zu werten sind, die gleichwertig neben der Unterhaltsleistung durch Bereitstellung der notwendigen Barmittel stehen (BVerfGE 17, 1; 22, 93; NJW 1969, 1617).
Ferner ist eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht darin zu erblicken, dass barunterhaltspflichtige Elternteile bis zu einem bereinigten monatlichen Nettoeinkommen von 4.300 DM denselben Zahlbetrag zu leisten haben, nämlich den Tabellenbetrag der 6. Einkommensgruppe abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Gegen das Verbot einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung wird durch diese Regelung nicht verstoßen. Eine Gleichbehandlung verletzt Art. 3 Abs. 1 GG dann, wenn die Verschiedenheit der durch den Gesetzgeber gleichgeregelten Fälle so bedeutsam ist, dass ihre Gleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise unerträglich erschiene (BVerfGE 21, 84). Danach ist entscheidend, ob für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, dass der Gesetzgeber sie bei seiner R...