Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 01.03.2017; Aktenzeichen 7 O 130/16) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 1. März 2017 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld (Az.: 7 O 130/16) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13. Juni 2017.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
1. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 433, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs steht der Klägerin nicht zu.
Denn der Rücktritt der Klägerin ist jedenfalls gemäß §§ 438 Abs. 4 Satz 1,218 Satz 1 BGB unwirksam. Das ist nach den genannten Vorschriften der Fall, wenn zur Zeit des Zugangs der Rücktrittserklärung der Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB) verjährt ist und der Verkäufer die Verjährungseinrede wirksam erhebt (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2014, § 438 Rn. 18).
Der Anspruch auf Nacherfüllung war zum Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung vom 3. März 2016 verjährt. Dieser Anspruch verjährt bei einem Fahrzeug gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB, sofern kein Fall des arglistigen Verschweigens eines Mangels bei Vertragsschluss vorliegt (§ 438 Abs. 3 BGB), binnen zweier Jahre, wobei die Frist mit Ablieferung der Sache zu laufen beginnt.
Die Ablieferung des Fahrzeugs ist am 7. Mai 2013 erfolgt, so dass Verjährung des Nachbesserungsrechts am 7. Mai 2015 erfolgt ist, weil es zuvor nicht zu Hemmungs- oder Unterbrechungstatbeständen gekommen ist.
Ein Fall des arglistigen Verschweigens eines Mangels bei Vertragsschluss ist nicht gegeben:
a) Unstreitig hat die Beklagte selbst keine Täuschung begangen und von dem vermeintlichen Einsatz einer Manipulationssoftware selbst erst nach Vertragsschluss im Jahr 2011 und nach Auslieferung des Fahrzeugs im Mai 2013 durch die Medien erfahren.
b) Die Beklagte muss sich auch nicht ein etwaiges arglistiges Verschweigen des Herstellers zurechnen lassen.
aa) Die insoweit darlegungsbelastete Klägerin hat bereits nicht die Voraussetzungen einer etwaigen Haftung des Herstellers nach § 31 BGB dargetan. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, wer konzernintern für die Entwicklung und den Einsatz der fraglichen Software verantwortlich war und wer hiervon Kenntnis hatte.
bb) Abgesehen davon muss sich die Beklagte ein arglistiges Verhalten der Herstellerin nicht zu rechnen lassen.
(1) Eine Zurechnung des vermeintlichen Fehlverhaltens der Herstellerin gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hatte keine Kenntnis von der Täuschung gehabt oder haben müssen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt war oder sie es zumindest für möglich hielt, dass die Herstellerin des Fahrzeugs eine manipulative Software in den Verkehr gebracht hat.
(2) Eine Zurechnung nach § 278 BGB scheidet aus (sofern man diese Norm im Rahmen der hier maßgeblichen Zurechnung eines arglistigen Verhaltens überhaupt für anwendbar erachten wollte). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vorlieferant des Verkäufers nicht dessen Gehilfe bei der Erfüllung der Verkäuferpflichten gegenüber dem Käufer; ebenso ist auch der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft (vgl. nur BGH, Urteil vom 02.04.2014 - VIII ZR 46/13, juris Rn. 31 mwN unter zutreffendem Hinweis darauf, dass diese ständige Rechtsprechung explizit in der Gesetzesbegründung im Rahmen der Schuldrechtsreform im Bezug genommen worden ist und somit weiterhin Gültigkeit hat; dies entspricht, soweit ersichtlich, auch der einhelligen Ansicht der bislang mit dem so genannten Dieselskandal befassten Gerichte).
Die Ansicht der Berufungsbegründung, hierdurch würde die Beklagte einen unbilligen Haftungsvorteil erlangen, was eine unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht hinnehmbare Bevorzugung der Beklagten darstelle, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr standen der Klägerin (sofern denn alle übrigen Rücktrittsvoraussetzungen erfüllt waren, was hier dahinstehen kann) in unverjährter Zeit verschuldensunabhängige Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu, die nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch in 2 Jahren nach Ablieferung der Kaufsache verjährten.
(3) Eine Zurechnung eines etwaigen arglistigen Verhaltens der Herstellerin ergibt sich auch nicht aus § 123 Abs. 1 BGB, da die Herstellerin nicht im Lager der Beklagten, einer rechtlich unabhängigen Vertragshändlerin, steht, sondern Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ist (so auch beispielsweise OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16, juris Rn. 8; L...