Verfahrensgang
AG Neuss (Aktenzeichen 131 VI 350/17) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird geändert.
Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 vom 11. Oktober 2017 (notarielle Urkunde UR-Nr. 1085/2017 L des Notars Dr. A. in B.) wird - einschließlich des Hilfsantrags - zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2 ist der Ehemann der Erblasserin. Deren Tochter aus erster Ehe, C. (vormals D.), ist am 12. Januar 2014 vorverstorben. Der Beteiligte zu 1 war der Lebensgefährte von C..
Am 19. Juni 1985 verfassten die Eheleute gemeinsam ein Testament, wobei jeder Ehegatte die seinen Nachlass betreffenden Verfügungen eigenhändig niederschrieb.
Der vom Beteiligten zu 2 geschriebene Teil lautet wie folgt:
"Mein letzter Wille!
Nach meinem Tode vermache ich meinen gesamten Nachlaß meiner Ehefrau E. ... Meine Kinder, Tochter F. ..., Sohn G. ..., erben nach dem Tode meiner Ehefrau E. ... je zur Hälfte meinen gesamten Nachlaß.
Düsseldorf, 19,. Juni 1985 H."
Der von der Erblasserin niedergelegte Text lautet:
"Nach meinem Tode vermache ich meinen gesamten Nachlaß meinem Ehemann, H. ... Mein Vermögen besteht hauptsächlich aus dem Haus, in J..- Ich weise darauf hin, daß das Haus nicht verkauft werden darf; da ich nach dem Tode meines Ehemannes H., meine Tochter aus 1. Ehe, D. ... als Alleinerbin einsetze - dieses gilt auch für das übrige gesamte Vermögen.-
Düsseldorf, 19. Juni 1985 E."
Darunter ist noch ein von der Erblasserin geschriebener und von beiden Ehegatten unterzeichneter Text angebracht, in dem es u.a. heißt:
"Unser beider letzter Wille darf nur auf Gegenseitigkeit geändert werden."
Am 11. Oktober 2014 verfassten die Erblasserin und ihr Ehemann ein von beiden unterschriebenes Schriftstück, in dem es heißt:
"BERLINER TESTAMENT V. 19. JUNI 1985
WIR fINDEN UNSER oBIGES TESTAMENT NICHT, dESHAB sOLL die beiliEGENDE COPIE V. 19. JUNI 1985 WEITERHIN GÜLTIG SEIN."
Mit notariellem Testament vom 18. Februar 2015 bestätigte die Erblasserin die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 als nicht befreiter Vorerbe. Zum Nacherben setzte sie anstelle ihrer verstorbenen Tochter den Beteiligten zu 1 ein. Ferner erklärte sie die Enterbung ihrer drei Nichten. Mit zwei auf den 28. März 2015 datierten handschriftlichen Testamenten setzte die Erblasserin den Beteiligten zu 2 zu ihrem Alleinerben ein.
Am 20. April 2015 schlossen die Erblasserin und der Beteiligte zu 1 einen Erbvertrag. Darin erklärte die Erblasserin zunächst die Aufhebung aller bisher errichteten Verfügungen von Todes wegen. Sodann bestätigte sie (unter II.) die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 als nicht befreiter Vorerbe und setzte den Beteiligten zu 1 anstelle ihrer verstorbenen Tochter zum Nacherben ein. Ferner erklärte die Erblasserin die Enterbung ihrer drei Nichten sowie des Beteiligten zu 2, soweit er nicht als Vorerbe begünstigt sei, und seiner Abkömmlinge aus erster Ehe sowie seiner sonstigen Verwandten. Sie verfügte, dass sie die Bestimmungen unter Abschnitt II. des Erbvertrages mit erbvertraglicher Bindungswirkung gegenüber dem Beteiligten zu 1 treffe und sich keinen Rücktritt vom Erbvertrag vorbehalte.
Am 28. Mai 2015 erteilte die Erblasserin dem Beteiligten zu 1 eine notariell beurkundete Generalvollmacht.
Mit Schreiben vom 17. Juli und vom 29. August 2015 erklärte die Erblasserin den Widerruf der Generalvollmacht und erneut die Einsetzung des Beteiligten zu 2 zum Alleinerben.
Der Beteiligte zu 2 hat unter Berufung auf das gemeinschaftliche Testament vom 19. Juni 1985 Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ausweist. Er hat geltend gemacht, die in diesem Testament enthaltenen Verfügungen hätten wechselbezüglichen Charakter. Sie hätten deshalb von der Erblasserin nicht mehr wirksam zu seinem Nachteil geändert werden können. Die Erblasserin habe in dem Ehegattentestament nicht ausdrücklich Vor- und Nacherbfolge angeordnet. Der Hinweis, dass das Haus nicht verkauft werden dürfe, da nach seinem Tod C. als Alleinerbin eingesetzt werde, sei nicht als Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge zu deuten. Hilfsweise hat der Beteiligte zu 2 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als nicht befreiten Vorerben nach der Erblasserin ausweist mit dem zusätzlich Hinweis, dass Nacherbfolge angeordnet ist. Er hat ausgeführt, die Frage, wer nach heutigem Stand zum Nacherben berufen sei, sei nicht Gegenstand des Erbscheinsverfahrens.
Die Beteiligte zu 1 ist dem entgegengetreten. Er hat vorgetragen, die Erblasserin habe durch Erbvertrag mit ihm vom 20. April 2015 die Stellung des Beteiligten zu 2 als nicht befreiter Vorerbe gemäß dem gemeinschaftlichen Testament vom 19. Juni 1985 bestätigt. Nachdem die in dieser Verfügung zur Nacherbin eingesetzte C. vorverstorben sei, sei die Bindungswirkung entfallen, so dass die Erblasserin stattdessen - ohne den Beteiligten zu 2 zu benachteiligen - eine andere Person als Nacherben habe einsetzen können.
Mit Beschluss vom 13. Januar 2018 hat das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für festgestellt eracht...