Leitsatz (amtlich)
1. Für die Ermittlung des Börsenwertes eines Unternehmens ist der ungewichtete durchschnittliche Aktienkurs der dem Zeitpunkt der Hauptversammlung vorausgehenden Referenzperiode von 3 Monaten zu Grunde zu legen.
2. Der Kurs börsennotierter Vorzugsaktien lässt den Schluss auf den Börsenwert nicht notierter Stammaktien zu, da sich die Bewertung des Marktes auf beide Aktiengattungen gleichermaßen bezieht.
3. Aus dem Grundsatz der Methodengleichheit folgt, dass auf Seiten der herrschenden Unternehmens der der Bewertung des beherrschten Unternehmens korrespondierende Unternehmenswert zu berücksichtigen ist.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 18.11.2000; Aktenzeichen 20 AktE 8/94) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1), 3), 8), 9), 16) und 58) sowie die Anschlussbeschwerden der Beteiligten zu 14), 18), 19), 47) und 64) werden zurückgewiesen.
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 69) und 70) wird der Beschluss der VI. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund vom 18.11.2000 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die angemessene Abfindung der ausgeschiedenen Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1) wird dahingehend festgesetzt, dass für 13 Aktien der Antragsgegnerin zu 1) im Nennwert von 50 DM 3 Stammaktien der Antragsgegnerin zu 2) im Nennwert von 50 DM bzw. 30 Stammaktien im Nennwert von 5 DM zu gewähren sind.
Die Aktienspitzen sind durch bare Zuzahlung von 76,90 Euro (150,41 DM) je Aktie der Antragsgegnerin zu 1) im Nennwert von 50 DM auszugleichen.
Die bare Zuzahlung ist ab dem 24.5.1992 bis zum 31.12.1998 mit 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, ab dem 1.1.1999 bis zum 11.4.2002 mit 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz und ab dem 12.4.2002 mit 2 % über dem Basiszinssatz des § 247 BGB zu verzinsen.
Zur Abfindung gehören auch die mit der Bekanntmachung der Eingliederung angefallenen Dividenden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sowie die Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre tragen die Beteiligten zu 69) und 70) als Gesamtschuldnerinnen.
Beschwerdewert: 39.000.000 Euro
Gründe
I. Die Antragsteller sind ausgeschiedene Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1), der SNI AG.
Im Februar 1990 erwarb die Antragsgegnerin zu 2) die Mehrheit an der NCA. Am 23.8.1990 beschloss die Hauptversammlung der NCA eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage. Im Oktober des selben Jahres brachte die Antragsgegnerin zu 2) den Bereich Daten- und Informationstechnik gegen Übernahme neu ausgegebener Stammaktien in die NCA ein. Die NCA wurde in „SNI” umbenannt, ihr Grundkapital von 1,3 Mrd. DM auf ca. 1,9 Mrd. DM erhöht. Das Kapital war gestückelt in 31.926.401 Stück Stammaktien und 5.601.123 Vorzugsaktien jeweils zu 50 DM. Die Antragsgegnerin zu 2) hatte schon vor der Kapitalerhöhung Anfang Januar 1990 fast sämtliche der seinerzeit ausgegebenen Stammaktien erworben. Sie hielt damit im Oktober 1990 ca. 78 % des Grundkapitals der SNI.
Im Oktober 1991 bot die Antragsgegnerin zu 2) den SNI-Aktionären die Übernahme ihrer Aktien in der Zeit vom 28.10. bis 6.12.1991 zu einem Preis von 225 DM je Aktie an. Sie wies in dem Kaufangebot darauf hin, dass sie beabsichtige, ihren Anteilsbesitz an SNI soweit zu erhöhen, dass eine Eingliederung in die S AG aktienrechtlich möglich sei.
Die Aktionäre machten von dem Kaufangebot weitgehend Gebrauch. Die Antragsgegnerin zu 2) erwarb bis auf 22 alle Stammaktien der SNI. Bei den Minderheitsaktionären handelt es sich fast ausschließlich um Vorzugsaktionäre. Die Antragsgegnerin zu 2) erhöhte ihren Aktienbesitz auf 95,2 %.
Die K. erstattete daraufhin zusammen mit der W. GmbH ein Gutachten zur Höhe einer angemessenen Abfindung der ausscheidenden Aktionäre. Am 30.1.1992 wurde im Bundesanzeiger die Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) mit der im Eingliederungsvertrag vorgesehenen Abfindungsregelung veröffentlicht.
Am 5.3.1992 beschloss die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) die Eingliederung gem. § 320 AktG a.F. in die Antragsgegnerin zu 2). Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) traf den entsprechenden Beschluss am 13.3.1992. Den Aktionären der Antragsgegnerin zu 1) wurde ein Umtauschverhältnis von 6 : 1 und ein Spitzenausgleich von 156,50 DM pro Vorzugsaktie oder Stammaktie angeboten.
Die Antragsteller haben dieses Angebot für unzureichend gehalten und die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Abfindung durch Gewährung von Aktien der Antragsgegnerin zu 2) sowie einen angemessenen Spitzenausgleich beantragt.
Das LG hat zunächst ein Ertragswertgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. eingeholt. Im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 27.4.1999 hat der Sachverständige sein Gutachten unter Berücksichtigung der Börsenkurse ergänzt. Das LG hat auf Grund des Gutachtens mit Beschluss vom 18.11.2000 die angemessene Abfindung der ausgeschiedenen Aktionäre dahingehend festgesetzt, dass für 3 Aktien der Antragsgegn...