Leitsatz (amtlich)

1. Das für die Annahme der Verwirkung des Widerrufsrechts (hier: Widerruf [Dezember 2014/April 2015] der auf Abschluss dreier Verträge über Hypothekendarlehen [März 2006 und Dezember 2007] gerichteten Willenserklärungen des Darlehensnehmers wegen - unstreitig - fehlerhafter Widerrufsbelehrungen mehr als drei Jahre nach vereinbarungsgemäßer vorzeitiger Auflösung dieser Verträge [September 2011] unter Ablösung und Rückzahlung bei Berücksichtigung von Vorfälligkeitsentschädigungen) erforderliche "Umstandsmoment" ist stets dann zu bejahen, wenn die Parteien den durch die einvernehmliche Beendigung ihres Darlehensvertrages geschaffenen Zustand übereinstimmend als endgültig angesehen haben und ansehen durften (hierzu Revisionszulassung mit Blick auf die Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum "Umstandsmoment": NJW 2016, 3518 Rdnr. 39 ff.; 3518 Rdnr. 41; NJW 2017, 243-247).

2. Die Unterzeichnung der Berufungsschrift mit dem Zusatz "pro absente" genügt dem Erfordernis, dass diese als bestimmender Schriftsatz vom dem für sie verantwortlich Zeichnenden unterschrieben sein muss.

3. Das Gesuch um Aufhebung des angefochtenen Urteils lässt als Rechtsmittelziel regelmäßig die Weiterverfolgung des in erster Instanz gestellten Sachantrages hinreichend erkennen.

 

Normenkette

BGB § 242; ZPO § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4, § 520 Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 06.05.2016; Aktenzeichen 8 O 179/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.5.2016 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Düsseldorf geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte nach Widerruf von drei Darlehensverträgen auf Erstattung von Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch.

Die Beklagte vergibt u.a. erstrangige Hypothekendarlehen.

Die Parteien vereinbarten drei Darlehen, am 13.3.2006 über einen Betrag in Höhe von 310.000 EUR und über einen weiteren Betrag in Höhe von 70.000 EUR mit Zinsfestschreibung jeweils bis zum 31.3.2018 und am 3. Dez. 2007 über einen Betrag in Höhe von 60.000 EUR mit Zinsfestschreibung bis zum 31. Dez. 2017. Beliehen war das Grundstück... in Düsseldorf.

Die Widerrufsbelehrungen zu den Darlehensverträgen entsprachen - das ist zwischen den Parteien unstreitig - nicht den gesetzlichen Anforderungen. Gegen die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wendet sich die Beklagte nicht.

Anlässlich des Verkaufs des beliehenen Grundstücks wandte sich der Notar der Klägerin wegen der vorzeitigen Ablösung der Darlehen an die Beklagte. Die Beklagte bot der Klägerin mit Schreiben vom 8.9.2011 an, sie könne die Darlehen über 310.000 EUR, 70.000 EUR und 60.000 EUR vorzeitig zum 30.9.2011 zurückzuzahlen.

Die Klägerin erklärte sich mit den Angeboten einverstanden und löste die Restschulden der Darlehen unter Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigungen in 2011 ab, diese in Höhe von 18.860 EUR, 4.320 EUR und 2.290,00 EUR.

Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 30.9.2011, die Darlehen seien durch die letzte Überweisung restlos zurückgezahlt. Sofern die Lastschrift ordnungsgemäß eingelöst werde, bestünden keine Forderungen mehr. Die nicht mehr benötigten Beleihungsunterlagen gebe sie zurück. Sie bedanke sich für die angenehme Vertragsgestaltung.

Nachdem 2014 öffentlich der Widerruf von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen diskutiert wurde, wandten sich die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 17. Okt. 2014 an die Beklagte und teilten mit, die Klägerin könne den Rechtsgrund für die Zahlungen der Entschädigungen zu Fall bringen und diese aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern, indem sie ihre Vertragserklärungen widerrufe. Alle drei Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft. Sie seien beauftragt, zunächst eine gütliche Einigung zu suchen und bäten daher um ein Angebot, in welchem Umfang die Beklagte bereit sei, die Vorfälligkeitsentschädigungen zu erstatten. Andernfalls würden sie die auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen der Klägerin widerrufen und die Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigungen notfalls gerichtlich geltend machen.

Die Beklagte teilte durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 26. Nov. 2014 mit, dass sie - aus den dort näher bezeichneten Gründen - Ansprüche im Zusammenhang mit einem Widerruf ablehnen werde.

Daraufhin klärten die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin namens und in Vollmacht für ihre Mandantin mit Schreiben vom 5. Dez. 2014 den Widerruf der auf den Abschluss beiden Darlehensverträge über 310.000 EUR und 70.000 EUR gerichteten Wille...

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