Leitsatz (amtlich)
1. Bei der vertraglichen Übertragung eines Gesellschaftsanteils gilt, dass im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit alle Rechte und (auch "latenten") Pflichten des bisherigen Gesellschafters, die im Gesellschaftsvertrag ihre Grundlage haben, grundsätzlich dem neuen Gesellschafter zustehen bzw. ihn treffen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Gesellschaftsvertrag bzw. der Übertragungsvertrag abweichende Bestimmungen enthält oder sich aus den Umständen hinreichend eindeutig die Übernahme von Verbindlichkeiten ergibt.
2. Fachbegriffe in AGB, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, sind mit dem Transparenzgebot unvereinbar.
3. Regelungen, die den konkreten Leistungsinhalt und das zu zahlende Entgelt festlegen, unterfallen zwar grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Eine Stichtagsabgrenzung in AGB hat indes keine unmittelbaren Auswirkungen auf das zu zahlende Entgelt, sondern lediglich mittelbar im Sinne einer wirtschaftlichen/finanziellen Reflexwirkung.
4. Treu und Glauben verpflichten den Verwender von AGB, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass AGB wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich erkennen lassen, wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist.
5. Ist die Klausel nicht nur in den Randzonen, sondern auch in ihrem Kernbereich unklar, ist sie sowohl gemäß § 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB als auch gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam.
6.Die Regelung des § 257 Abs. 2 BGB, aus dem sich die sofortige Fälligkeit des gesetzlichen Befreiungsanspruchs i.S.v. § 257 Abs. 1 BGB ergibt, kann auf vertragliche Befreiungsansprüche nicht ohne weiteres übertragen werden. Vielmehr muss die den jeweiligen Umständen angemessene Regelung der Fälligkeitsfrage, soweit diese sich auf künftige oder ungewisse, aber noch nicht fällige Forderungen bezieht, der Disposition der Vertragsparteien überlassen bleiben. Die Fälligkeit richtet sich deshalb vorrangig nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 07.02.2017; Aktenzeichen 4 O 284/16)) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 07.02.2017 abgeändert und wie folgt neugefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten - wegen der Kosten - durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin (Käuferin) verlangt vom Beklagten (Verkäufer) aus einem Kaufvertrag vom 25./26.08.2008 über einen zuvor vom Beklagten (als in das HR eingetragenen Direktkommanditisten) gehaltenen Kommanditanteil an der MS B. Schifffahrts-GmbH & Co. Reederei KG im Nennwert von 900.000 EUR zum Kaufpreis von 525.780,00 EUR (bzw. 58,42 % des Nennwerts, indes abzüglich einer verrechneten Ausschüttung an den Beklagten vom 19.08.2008 in Höhe von 36.000 EUR = 489.780 EUR), dass der Beklagte sie durch Zahlung in Höhe von 288.000,00 EUR nebst Verzugszinsen an den Insolvenzverwalter und den Nachweis dieser Zahlung freistelle, nachdem über das Gesellschaftsvermögen der KG am 19.04.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und der Insolvenzverwalter gegen die Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2015 Ansprüche aus § 172 Abs. 4 HGB in vorstehender Höhe geltend gemacht hat.
Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen R. und S. (240 ff. GA) entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der geltend gemachte Freistellungsanspruch folge aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Kauf- und Übertragungsvertrag vom 25.08./26.08.2008 (dort insbesondere § 3.2.b.)- Eine vom klaren Wortlaut ausgehende Auslegung dieser Vorschrift nach dem objektiven Empfängerhorizont ergebe, dass im Innenverhältnis der Parteien untereinander den Verkäufer die Kommanditistenhaftung insoweit treffen solle, als für die Haftungsbegründung Umstände maßgeblich seien, die vor dem Stichtag lägen und (nur) im Übrigen den Käufer.
So liege es - im tenorierten Umfang - hier. Die unstreitig von dem Beklagten aus dem Gesellschaftskapital vor dem Stichtag erhaltenen Auszahlungen i.H.v. insgesamt 288.000,00 EUR begründeten gem. §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB die Haftung des Gesellschafters, weil diese Ausschüttungen dazu führten, dass der Kapitalanteil des Gesellschafters um eben diese Summe unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert worden sei.
Nachdem die Ges...