Leitsatz (amtlich)
1. Steuerberater, die einen umfassenden Auftrag zur Hilfeleistung in Steuersachen erhalten haben, leisten Dienste höherer Art i.S.d. § 627 BGB.
2. Wird bei einem dauernden Dienstverhältnis nur ein Teil der geschuldeten Dienstleistungen durch eine feste Vergütung abgegolten - hier: Pauschalvergütung für Buchführung, besteht das Kündigungsrecht des § 627 BGB. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die nicht durch die feste Vergütung bezahlten Dienstleistungen lediglich untergeordnete Bedeutung haben und weder bezüglich des Arbeitsaufwandes noch bezüglich des Entgelts umfangreich sind.
3. Die Regelung des § 14 StBGebV, wonach die Pauschalgebühr für die Dauer mindestens eines Jahres vereinbart werden muss, schränkt das Kündigungsrecht gem. § 627 BGB nicht ein.
4. Das Kündigungsrecht gem. § 627 BGB kann beim Steuerberatungsvertrag nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam ausgeschlossen werden.
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 04.07.2008; Aktenzeichen 1 O 298/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.7.2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt von der Beklagten, die eine Apotheke betreibt, die Zahlung von Steuerberaterhonorar für Lohn- und Finanzbuchführung für das Jahr 2007 i.H.v. 17.071,80 EUR.
Der Kläger war seit 1980 umfassend als steuerlicher Berater der Beklagten tätig. Mit schriftlichem Vertrag vom 5.5.1999 vereinbarte er mit der Beklagten, dass diese für die Finanzbuchführung eine Pauschale von 24.000 DM pro Jahr und für die Lohnbuchführung eine Pauschale von 5.520 DM pro Jahr sowie eine Auslagenpauschale von 480 DM zahlt. Der Gesamtbetrag von 30.000 DM sollte in monatlichen Raten von 2.500 DM gezahlt werden. Hinsichtlich der Vertragsdauer und der Kündigung heißt es in dem Vertrag:
"Die Vereinbarung gilt ab 1.1.1999 und läuft ein Vertragsjahr, also bis 31.12.2000. Sie verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn sie nicht mit einer Frist von 3 Monaten vor Vertragsende schriftlich gekündigt wird. Wird diese Vereinbarung gekündigt ohne dass das Steuerberatungsverhältnis erlischt, so treten an die Stelle dieser Gebührenvereinbarung die allgemeinen Vorschriften der StBGebV (§§ 16 ff.) in der jeweils geltenden Fassung."
Anfang Februar 2007 kündigte die Beklagte das Steuerberatungsverhältnis insgesamt. Ihre Behauptung, bereits im September 2006 gekündigt zu haben, bestreitet der Kläger. Ab Februar 2007 erbrachte der Kläger keine Steuerberatungsleistungen mehr. Mit Schreiben vom 12.2.2007 rechnete er die bis einschließlich Januar 2007 erbrachten Leistungen mit 1.957,55 EUR ab. Da die Beklagte eine Vorschusszahlung von 2.800 EUR erbracht hatte, ergab sich eine Gutschrift zugunsten der Beklagten von 842,45 EUR. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.3.2007 erteilte der Kläger eine Abrechnung für das Jahr 2007 gemäß der pauschalierten Vergütungsabrede für Finanz- und Lohnbuchführung. Auf die sich daraus ergebende Forderung lässt der Kläger sich 5 % als ersparte Aufwendungen anrechnen und beziffert den Anspruch mit 17.071,74 EUR.
Das LG hat der Klage unter Abweisung im Übrigen i.H.v. 16.229,35 EUR nebst Zinsen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Der Anspruch des Klägers folge aus §§ 611, 615 BGB. Hinsichtlich der behaupteten Kündigung im September 2006 sei die Beklagte beweisfällig geblieben. Die Anfang Februar ausgesprochene Kündigung habe das Vertragsverhältnis zum 31.12.2007 beendet. Eine Rechtfertigung für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 626 BGB ergebe sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Die fristlose Kündigung könne auch nicht auf § 627 BGB gestützt werden. Gemäß der Vereinbarung vom 5.5.1999 sei das Vertragsverhältnis als dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen einzuordnen. Der Hinweis der Beklagten, das Kündigungsrecht gem. § 627 BGB könne nicht formularmäßig ausgeschlossen werden, greife zu kurz, weil es vorliegend nicht um den Kündigungsausschluss, sondern um die Voraussetzungen des Kündigungsrechts gehe. Der Forderung des Klägers stehe nicht entgegen, dass er ab Februar 2007 keine Leistungen erbracht habe, denn die Beklagte habe sich in Annahmeverzug befunden. Der Kläger habe seine Leistungsbereitschaft mit Schreiben vom 28.3.2007 erklärt. Höhere Ersparnisse als die 5 % des Honorars, die der Kläger selbst in Abzug bringe, habe die Beklagte weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Auf die Honorarforderung müsse sich der Kläger die Gutschrift von 842,45 EUR gemäß der eigenen Abrechnung für Januar 2007 anrechnen lassen. Danach ergebe sich bei einem E...