Leitsatz (amtlich)
1. Dem Schriftformerfordernis eines Mietvertrages ist durch eine Unterschrift auf allen Seiten der Urkunde und durch eindeutige Verweisung auf Anlagen in der Urkunde genügt.
2. Zum Arglisteinwand bei Formfehlern.
Normenkette
BGB §§ 126, 566 a.F.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 21 O 166/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.12.2001 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung ist hat in der Sache Erfolg. Der Kläger kann gegen die Beklagte aus dem Mietvertrag der Parteien vom 21.3.1999 keinen Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April geltend machen. Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 2.8.2000 zum 31.3.2001 beendet. Durch die formunwirksame Nachtragsvereinbarung über die Reduzierung der Mietfläche um einen Kühlraum entsprach der Mietvertrag nicht mehr der Schriftform des § 566 BGB a.F., so dass er nach Ablauf eines Jahres nach der Änderung gekündigt werden konnte. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I. Dem LG ist darin zu folgen, dass der ursprüngliche Mietvertrag vom 21.3.1999 nach §§ 566, 126 BGB a.F. wirksam für die Dauer der Vertragslaufzeit abgeschlossen wurde.
1. Ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über ein Grundstück genügt dann der Schriftform des § 566 BGB, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Vertrages – aus der Vertragsurkunde ergeben (BGH v. 30.6.1999 – XII ZR 55/97, MDR 1999, 1431 = NJW 1999, 2591 m.w.N.). Bei einer aus mehreren Seiten bestehenden Urkunden ist zur Wahrung der Schriftform eine feste Verbindung der Vertragsseiten nicht zwingend erforderlich. Ausreichend ist es, wenn sich die Einheitlichkeit des Vertrages aus einer fortlaufenden Paginierung der Seiten, einer fortlaufenden Nummerierung der einzelnen Vertragsbestimmungen, einheitlicher graphischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt (BGH v. 24.9.1997 – XII ZR 234/95, BGHZ 136, 357 f. = MDR 1998, 31). Auch eine Unterschrift aller Seiten und eine eindeutige Verweisung auf Anlagen in der Mietvertragsurkunde genügt der Schriftform (BGH NJW 1999, 1104 f.).
Dies trifft auf den vorliegenden Mietvertrag vom 21.3.1999 zu. Eine feste Verbindung der Vertragsseiten und Anlagen – deren Fehlen von der Beklagten gerügt wird – war im Hinblick auf die im Übrigen gegebene äussere Einheitlichkeit des Vertrages zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich. Die Seiten des Mietvertrages weisen ein einheitliches Schriftbild auf, die einzelnen Abschnitte des Vertragstextes sind fortlaufend in Paragraphen gegliedert und entsprechend nummeriert. Zudem wurden sämtliche Seiten des Vertrages von dem Kläger und dem Zeugen G. mit Paraphen versehen.
Hinsichtlich der Anlagen ergibt sich die Einheitlichkeit von Vertragstext und Plänen zum einen aus der erfolgten Unterzeichnung bzw. Paraphierung der Anlagen durch die Parteien. Zudem wird in § 1 des Mietvertrage ausdrücklich auf den beigefügten Lageplan und die darin vorgenommenen farbigen Kennzeichnungen zur Bezeichnung des Mietgegenstandes Bezug genommen.
Soweit die Beklagte sich pauschal darauf berufen hat, die Anlagen zum Mietvertrag hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, ist ihr Vorbringen unbeachtlich, da es in tatsächlicher Hinsicht widersprüchlich ist. Die Beklagte hat nämlich nicht in Abrede gestellt, dass die auf den Vertragsunterlagen befindlichen Unterschriften von dem Zeugen G. stammen, was aber notwendig voraussetzt, dass ihm diese vorgelegen haben. Auch ist sie dem Vorbringen des Klägers nicht entgegen getreten, dass es der Zeuge G. war, der die Mietfläche in den Plänen (Anl. K 1.8 f.) farbig markiert hat.
2. Durch die Anlagen zum Mietvertrag (K 1.8 bis K 1.11) selbst wird der Umfang des Mietobjektes auch entgegen den Rügen der Beklagten hinreichend bestimmt. Im Hinblick darauf, dass die anzumietenden Räumlichkeiten und die Halle noch umgebaut werden sollten, ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Bezeichnungen in den Plänen (z.B. Bäckerei, etc.), nicht der entgültigen Nutzung als Getränkemarkt entsprochen hat.
Anlage K 1.8 enthält offensichtlich eine Grundrisszeichnung der Mieträume, die in dem Plan auch bereits als „Getränkeabhollager, Gross- und Einzelhandel mit Getränken …” bezeichnet wird. Aus der weiteren Anlage K 1.9 ist bei Vergleich mit der Anlage K 1.8 eindeutig zu ersehen, dass es sich hierbei um eine Grundrisszeichnung des Gesamtobjektes handelt, in der auch die weiteren im Gesamtobjekt befindlichen Räume eingezeichnet sind. Anlage K 1.10 ist erkennbar eine Aufsichtzeichnung des Mietobjektes, der Straße und zum Teil der angrenzenden Grundstücke, in der die Mietfläche deutlich hervorgehoben und zusätzlich mit dem Zusatz „Verkaufsfläche innen...