Leitsatz (amtlich)

1. Überlassen Grundstückseigentümer oder Nießbrauchsberechtigte ihrem Kind nach Abschluss der Ausbildung zum Heilpraktiker unentgeltlich Räume zum Betrieb einer Praxis und den zur Herrichtung der Räume erforderlichen Geldbetrag, kann es sich um Ausstattungen i.S.v. §§ 2050 Abs. 1, 1624 Abs. 1 BGB handeln.

2. Überlassen Grundstückseigentümer oder Nießbrauchsberechtigte ihrem Kind für einen unbegrenzten Zeitraum unentgeltlich Räume zur Nutzung als Wohnung, liegt darin kein Zuschuss zur Verwendung als Einkünfte i.S.v. § 2050 Abs. 2 BGB.

3. Veranlassen Grundstückseigentümer oder Nießbrauchsberechtigte ihre Mieter, fortlaufend die geschuldete Miete an ihr Kind zu zahlen, kann es sich um Zuschüsse zur Verwendung als Einkünfte i.S.v. § 2050 Abs. 2 BGB handeln.

 

Normenkette

BGB §§ 1624, 2050, 2052

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 4 O 275/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 09.02.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - 4 O 275/13 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung der Kläger wird das am 09.02.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - 4 O 275/13 - teilweise abgeändert und unter Beibehaltung der vom Landgericht titulierten Feststellungen zusätzlich festgestellt, dass der Beklagte bei der Teilung des Nachlasses nach der am ... in ... verstorbenen Erblasserin N.H. die ihm zwischen 1999 und 2007 zugewendeten Mieteinnahmen aus dem Grundbesitz T-Straße 36 in P mit einem Betrag von 60.457,54 EUR auszugleichen hat.

3. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Kläger 30% und der Beklagte trägt 70 %. Von den Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz tragen die Kläger 35% und der Beklagte trägt 65%.

5. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

Die Parteien sind als gewillkürte Erben auf dasjenige als Erben eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, § 2052 BGB. Nach §§ 2052, 2050 BGB hat der Beklagte die Zuwendungen der Erblasserin in der Höhe auszugleichen, wie sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Ausstattung oder als sonstiger Zuschuss zur Ausgleichung zu bringen wären. Dabei ist von einem erweiterten Erblasserbegriff auszugehen. Auch wenn die Zuwendungen nicht von der Mutter, der eigentlichen Erblasserin, sondern ganz oder zum Teil von dem Vater der Parteien stammten, gelten sie im Sinne des § 2050 BGB als vom Erblasser geleistet. Grund dafür ist, dass die Ehegatten durch ein Berliner Testament verbunden waren und die Abkömmlinge wie nach gesetzlicher Erbfolge erben (Damrau/Tanck/Bothe, Erbrecht, 3. Aufl., § 2050 Rn. 36). Deshalb ist auch der vorverstorbene Ehegatte als Erblasser im Sinne der Ausgleichsvorschriften anzusehen.

...

Das Landgericht hat Zuwendungen an den Beklagten in Höhe von 18.301,45 EUR für die Einrichtung seiner Heilpraktikerpraxis zu Recht als ausgleichungspflichtig angesehen. Dabei handelt es sich um eine ausgleichungspflichtige Ausstattung des Beklagten gemäß § 2050 Abs. 1 BGB. Was als ausgleichungspflichtige Ausstattung im Sinne des § 2050 Abs. 1 BGB zu verstehen ist, wird in § 1624 Abs. 1 BGB definiert. Dies ist - im Lichte des § 2050 Abs. 1 BGB gelesen - dasjenige, was einem Abkömmling mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Erblasser zugewandt wird. Dabei ist die Ausstattung eine von der Schenkung zu unterscheidende Art der unentgeltlichen Zuwendung mit einer causa sui generis (OLG Karlsruhe ZEV 2011, 531 f). Ob eine solche Ausstattung gegeben ist und einer der genannten Ausstattungszwecke mit der Zuwendung verfolgt wird, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Hier ergibt die Auslegung, dass dem Beklagten 26.000 DM (vom Landgericht gemäß § 2055 BGB und von den Parteien unbeanstandet indexiert auf 18.301,45 EUR) zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung, nämlich als Zuwendung zur Einrichtung seiner Heilpraktikerpraxis, zugewendet worden sind.

Dem Beklagten sind ... von dem Vater der Parteien insgesamt 26.000 DM überwiesen worden, von denen ... er den Großteil dafür verwendet hat, die Räume, in denen er später seine Praxis eröffnet hat, in irgendeiner Weise "herzurichten". Bei dieser Zahlung des Vaters an den Beklagten handelt es sich ... um Leistungen an den bislang noch nicht berufstätigen Beklagten, die ihm zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung von dem Erblasser zugewandt worden sind. Es ist unstreitig geworden, dass der Beklagte das überwiesene Geld in das Ladenlokal in dem damals den Eltern der Parteien gehörenden Haus ... zur dortigen Einrichtung einer Heilpraktike...

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