Leitsatz (amtlich)
1. Der Letztverbraucher und Anzeigeverpflichtete trägt gegenüber der Bundesnetzagentur die Verantwortung für die von ihm abgegebene Anzeige nach § 19 Abs. 2 S. 11 und 12 StromNEV. Dies schließt auch die Verantwortung für die Richtigkeit der Höhe des zwischen dem Letztverbraucher und dem Netzbetreiber vereinbarten individuellen Netzentgelts mit ein.
2. Versäumt es der Letztverbraucher und Anzeigeverpflichtete, eine ihm von dem Netzbetreiber übergebene Berechnung des individuellen Netzentgelts zu überprüfen, handelt er schuldhaft, und hat, wenn sich im späteren Verlauf eine für ihn günstigere Berechnung des individuellen Netzentgelts ermitteln lässt, keinen Anspruch auf Verlängerung der in der Festlegung hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Entgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV (BK4-13-739) unter Punkt II. 5. e) geregelten behördlichen Verfahrensfrist.
Normenkette
StromNEV § 19 Abs. 2 S. 11, § 19 S. 12
Verfahrensgang
Bundesnetzagentur (Beschluss vom 15.10.2015; Aktenzeichen BK4S2-0000071) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 20.11.2015 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 15.10.2015, Az.: BK4S2-0000071, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwenigen Auslagen der Bundesnetzagentur trägt die Antragstellerin. Die weitere Beteiligte trägt ihre Kosten selbst.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf... Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Antragstellerin, ein Unternehmen der...-Gruppe, produziert an... Standorten in Europa, davon... in Deutschland, Hygienepapiere. Am Standort... ist sie an das Mittelspannungsnetz der Beteiligten angeschlossen. An diesem Standort überschritt sie sowohl den Jahresverbrauch von 10 GWh als auch 7000 Jahresbenutzungsstunden in den letzten Jahren durchgängig, so auch im Jahr 2014. Dementsprechend vereinbarte sie mit der Beteiligten am 03./11.09.2014 auch für das Jahr 2014 mit Wirkung ab dem 01.01.2014 ein individuelles Netzentgelt gemäß § 19 Abs. 2 S. 2-4 StromNEV.
Gemäß Tenorziffer 4 der Festlegung hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Entgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV (BK 4-13-739 vom 11.12.2013) müssen Vereinbarungen eines individuellen Entgelts im Jahr der erstmaligen Geltungsdauer fristgerecht und vollständig bis zum 30.9. des betreffenden Kalenderjahres eingehen. Die Antragstellerin zeigte die Vereinbarung vom 03./11.09.2014 fristgerecht zum 15.09.2014 - ohne hierbei anwaltlich vertreten zu sein - bei der Bundesnetzagentur an. Nach den zugrunde gelegten prognostizierten Verbrauchsdaten 2014 (Jahreshöchstlast... kW, Jahresarbeit... kW, Jahresbenutzungsstunden... h/a) reduzierte sich entsprechend der Anzeige das von der Antragstellerin grundsätzlich zu zahlende allgemeine Netzentgelt in Höhe von... Euro auf ein individuelles Netzentgelt in Höhe von... Euro (prognostizierte Netzentgeltreduktion:... Euro). Nach den tatsächlichen Verbrauchsdaten lag das allgemeine Netzentgelt bei... Euro und das individuelle Netzentgelt bei... Euro (Reduktion:... Euro). Da die Kosten des von der Beteiligten errechneten physikalischen Pfads über 15 % der allgemeinen Netzentgelte lagen, richtete sich die Höhe der Netzentgeltreduktion nach den von der Beteiligten errechneten Kosten des physikalischen Pfads (vergleiche Tenorziffer 3. c. i der Festlegung BK4-13-739). Die Beteiligte legte ihrer Berechnung des physikalischen Pfads das von der Bundesnetzagentur im Juni 2014 veröffentlichte "Tool für die Berechnung eines individuellen Netzentgelts gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV" zu Grunde (sog. Berechnungstool). Die Anwendung dieser Berechnungsmethode ist als eine von verschiedenen möglichen Berechnungsmethoden zulässig.
Die Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wendete sich mit Nachricht vom 18.08.2014 - ohne zu diesem Zeitpunkt von der Antragstellerin beauftragt zu sein - mit einer allgemeinen Anfrage an die Bundesnetzagentur, in der sie Bedenken gegen die dem Berechnungstool zugrunde liegende Berechnungsmethode zur Bestimmung der Kapital- und Verlustenergiekosten äußerte und eine andere Berechnungsmethode vorschlug. Hierauf erwiderte die Bundesnetzagentur am 05.09.2014, es könnten auch von dem Berechnungstool abweichende Berechnungsmethoden angewandt werden, soweit diese im Einklang mit der Festlegung BK4-13-739 und § 4 ff StromNEV stünden. Erst mit Nachricht vom 03.11.2014 bestätigte die Bundesnetzagentur gegenüber der Kanzlei der jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, dass die von diesen präsentierte Berechnungsmethode zulässig sei.
Daraufhin teilte die Beteiligte der Antragstellerin mit Schreiben vom 18.12.2014 mit, dass eine alternative Berechnung zu ihren Gunsten möglich sei. Die Ergebnisse wurden für Anfang 2015 angekündigt und die Abrechnung 2014 als vorläufig benannt. Mit Schreiben vom 06.02.2015 übermittelte die Beteiligte eine korrigierte Berechnung des physikalischen Pfads unter Anwendung der Berechnungsmethod...