Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 13 O 398/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf vom 12.02.2021 unter Zurückweisung der Rechtsmittel beider Parteien im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 34.487,15 nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2022 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten einen Betrag in Höhe von EUR 196.477,64 nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag iHv EUR 182.893,07 seit dem 20.05.2020 sowie aus einem weiteren Betrag iHv EUR 13.584,57 seit dem 29.10.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Klägerin 85 % und der Beklagte 15 % zu tragen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Anwaltshonorar auf der Basis zweier Mandatsvereinbarungen nebst einer jeweiligen Vergütungsvereinbarung vom 29.09.2015 bzw. vom 05./06.10.2015 (Anlagenkonvolut K 1) in Anspruch. Widerklagend nimmt der Beklagte die Klägerin auf Erstattung bereits gezahlten Anwaltshonorars in Anspruch.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil ("LGU", GA 178ff) gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen und insoweit im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt:

Die Klage sei derzeit unbegründet, weil die Klägerin mangels einer ordnungsgemäßen Berechnung keine Zahlung mit Erfolg verlangen könne. Die Regelung des § 10 RVG gelte auch für Zeithonorare. Insbesondere sei § 10 Abs. 2 S. 1 RVG analog anzuwenden, soweit die Eigenart der vereinbarten Vergütung eine nähere Spezifizierung erfordere und zulasse. Insofern sei im Rahmen der notwendigen Berechnung eines Zeithonorars insbesondere der angesetzte Stundensatz anzugeben. Das gelte erst recht, wenn die Tätigkeit mehrerer Rechtsanwälte abgerechnet werde und unterschiedliche Stundensätze in Betracht kämen. Da weder in den erstinstanzlich vorgelegten Rechnungen der Klägerin noch in deren Schriftsätzen der jeweils angesetzte Stundensatz genannt sei, seien Vergütungsansprüche der Klägerin noch nicht fällig gewesen. Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Beklagte die von der Klägerin geforderten Rechnungsbeträge vorprozessual anerkannt habe: Dem betreffenden Vorbringen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, dass sich das vermeintliche Anerkenntnis auch auf den angesetzten Stundensatz bezogen habe.

Am betreffenden Einwand in Bezug auf die fehlende Angabe des angesetzten Stundensatzes sei der Beklagte auch nicht etwa deshalb gehindert, weil er die Rechnungen - unstreitig - nicht binnen eines Monats nach Zugang beanstandet habe. Die Vereinbarung im vorletzten Absatz der Vergütungsvereinbarung (Anlagenkonvolut K 1 a.E.) beziehe sich allein auf "Bearbeitungszeiten" und es sei zudem nicht erkennbar, dass mit ihr eine Einwendungsfrist rechtsgeschäftlich vereinbart worden sei.

Die Widerklage bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Der Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die Vergütungsvereinbarungen als Rechtsgrund iSv § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB dafür ausschieden, dass die Klägerin die bislang vom Beklagten erbrachten Zahlungen behalten dürfe. Die streitgegenständlichen Vergütungsvereinbarungen wahrten jeweils die Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 1 und S. 2 RVG. Insbesondere seien sie hinreichend bestimmt. Aus ihnen ergebe sich im Zusammenspiel mit den jeweiligen Mandatsbriefen (s. ebenfalls Anlagenkonvolut K 1), dass sie sämtliche Tätigkeiten erfassten, die während des Mandats zu den genannten jeweiligen Gegenparteien anfallen werden. Die Vereinbarungen enthielten keine Einschränkung auf bestimmte Rechtsfragen oder bestimmte Prozesse. Der letzte Satz der Gebührenvereinbarungen stelle jeweils einen noch hinreichenden Hinweis iSv § 3a Abs. 1 S. 3 RVG dar. Ein Mandant könne von ihm erbrachte Zahlungen nicht mit der Begründung zurückverlangen, dass die Rechnungen des Rechtsanwalts nicht den Anforderungen des § 10 RVG genügten. Die von der Klägerin mit dem Beklagten getroffenen Vergütungsvereinbarungen erfüllten weder den Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB noch seien sie anderweitig sittenwidrig iSv § 138 Abs. 1 BGB. Der ...

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