Leitsatz (amtlich)
1. Zur Mietzahlungspflicht des Mieters, wenn der Vermieter weder Besitzer noch Eigentümer des Mietobjekts ist, die Parteien die Gebrauchsüberlassungspflicht des Vermieters aber ausnahmsweise abbedungen haben.
2. Der Vermieter hat nach Beendigung des Vertrages- insb. auch bei einer Vertragsbeendigung durch fristlose Kündigung oder Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages - grundsätzlich die Wahl, ob er die nicht geleistete Kaution einklagt oder ob er die Zahlungsansprüche selbst klageweise geltend macht.
3. Der Kautionsklage ist - ohne dass es bei Bestreiten des Mieters einer Beweisaufnahme bedarf - bereits dann stattzugeben, wenn der Vermieter zur Begründung seiner Forderung schlüssig vorträgt, es bestünden noch Zahlungsansprüche gegen den Pächter zu deren Sicherung er die Kaution benötige.
4. Hat der Vermieter zur Mehrwertsteuer optiert, hat der Mieter gem. § 14 Abs. 1 UStG Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit offenem Mehrwertsteuerausweis. Solange der Vermieter diesen Anspruch nicht erfüllt, besteht gem. § 273 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht des Mieters.
5. Eine Mahnung des Gläubigers erfüllt nicht die an eine Rechnung zu stellenden Kriterien (Nr. 183 Abs. 1 S. 4 UStR zu § 14 UStG).
6. Zur Frage, ob sich das Zurückbehaltungsrecht auf die gesamte Miete oder nur auf den Mehrwertsteueranteil erstreckt.
7. Einer gesonderten Rechnungsstellung bedarf es nicht, wenn Nettomiete und Umsatzsteuer bereits im (Unter-)Mietvertrag gesondert ausgewiesen sind, weil dieser als Dauerrechnung zur Vorlage bei den Finanzbehörden ausreichend ist.
Normenkette
BGB §§ 273, 535-536; UStG § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 30.08.2005; Aktenzeichen 39 O 204/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.8.2005 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 9. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die L.-GmbH, vertreten durch die Herren ..., zu zahlen
(a) 131.814,99 EUR nebst 8 % Zinsen aus 10.000 EUR seit dem 1.8.2003, aus weiteren je 12.083,73 EUR seit dem 4.8., 4.9., 6.10. und 5.11.2003 und aus weiteren je 6.680,01 EUR seit dem 4.12.2003, 4.1., 5.2., 5.3., 4.4., 6.5., 5.6., 4.7., 5.8., 5.9. und 6.10.2004 und
(b) weitere 11.756,80 EUR Zug-um-Zug gegen Erteilung einer den Anforderungen des § 14 UStG entsprechenden Rechnung für die auf die Monate Dezember 2003 bis Oktober 2004 entfallende Miete i.H.v. 8.668,91 EUR monatlich.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 14,5 %, die Beklagte zu 85,5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung rückständiger Miete und Kaution i.H.v. insgesamt 161.141.79 EUR. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (GA 90-92). Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (GA 93 ff.). Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.
Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das LG habe verkannt, dass sie jedenfalls vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon deshalb keinen Mietzins schulde, weil die Klägerin selbst noch nicht Eigentümerin oder Besitzerin der Flächen gewesen sei und ihr daher den Besitz nicht eingeräumt habe und auch nicht habe einräumen können. Das LG habe den Umstand falsch gewertet, dass die Klägerin mit ihrer Billigung einen Teil der vermieteten Flächen kurz nach Abschluss des Mietvertrages wieder zurückgenommen habe und hierdurch die Abgeschlossenheit verloren gegangen sei. Das LG habe verkannt, dass der Mietvertrag hierdurch konkludent aufgehoben worden sei. Jedenfalls sei der Mietzins wegen der fehlenden Abgeschlossenheit auf Null gemindert. Es sei zudem nicht erkennbar, wie sich der reduzierte Mietzins errechne. Auch die Kaution hätte das LG nicht zuerkennen dürfen. Da das Mietverhältnis durch ihre Kündigung vom 23.2.2005 beendet worden und damit der Kautionsrückzahlungsanspruch fällig geworden sei, stehe dem Zahlungsbegehren die dolo-agit-Einrede entgegen. Im Übrigen beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Vorlage einer der Bestimmung des § 14 UStG entsprechenden Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wi...