Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbaren die Parteien eines Immobilienkaufvertrages als Beschaffenheit, "dass die vorhandene Bebauung baurechtlich genehmigt ist", so muss bei Vertragsschluss die vorhandene Nutzung der Gebäudeteile rechtlich zulässig sein.
2. Damit zusammenhängende Gewährleistungsansprüche sind bauwerksbezogen zu beurteilen und verjähren innerhalb der 5-jährigen Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
3. Trotz der Entscheidung des VII. Zivilsenats des BGH vom 22. Februar 2018 (Az. VII ZR 46/17) verbleibt es im Kaufrecht bei dem Recht des Käufers, fiktive Mängelbeseitigungskosten im Rahmen des kleinen Schadensersatzes geltend machen zu können.
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 3 O 256/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. Oktober 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem notariellen Grundstückskaufvertrag vom 25. Oktober 2012 (GA 9-23) über das Hausgrundstück ... in K. geltend.
Der notarielle Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Klauseln (GA 14, 16f.):
"B.
...
III.
1. Das auf dem Grundstück errichtete Gebäude wurde etwa im Jahre 1968 errichtet und befindet sich in einem seinem Alter und dem Erhaltungsaufwand entsprechenden Zustand. Der Bauzustand ist dem Käufer aufgrund eigener Nutzung der Praxisräume im Erdgeschoss bekannt. Der Käufer erkennt den derzeitigen Zustand des Kaufgegenstandes als vertragsgemäß an und erwirbt den Grundbesitz in dem gegenwärtigen Zustand und in den bestehenden tatsächlichen Grundstücksgrenzen.
Eine Haftung des Verkäufers für jede Art von Sachmängeln des Grundstücks und des aufstehenden Gebäudes wird ausdrücklich ausgeschlossen...
...
5.
...
Der Verkäufer erklärt weiterhin, dass die vorhandene Bebauung baurechtlich genehmigt ist und keine behördlichen Auflagen zu der Bebauung und Nutzung der Bebauung bestehen, die nicht erfüllt wären. Diese 'Angaben werden als Beschaffenheit des Kaufgegenstandes zum gegenwärtigen Zeitpunkt vereinbart.'"
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag Bezug genommen.
Auf dem Grundstück befindet sich ein 3-geschossiges errichtetes Gebäude mit Wohn- und Gewerbeeinheiten. Im Dachgeschoss befinden sich zwei Wohnungen, wovon im Zeitpunkt des Übergangs der Nutzen und Lasten des Grundstücks auf die Klägerin nur eine vermietet war. Die Klägerin betrieb seit dem 1. Oktober 2003 zunächst im 1. Obergeschoss als Mieterin eine Arztpraxis, später verlagerte sie die Praxisräume in das Erdgeschoss, in dem zuvor eine Apotheke betrieben worden war.
Im Zuge der Prüfung baulicher Veränderungen wandte sich die Klägerin nach Vertragsschluss über ihren Architekten an die Bauaufsichtsbehörde in K.. Mit E-Mail vom 8. April 2014 erhielt sie die Auskunft, dass die Räumlichkeiten im Dachgeschoss nicht zu Wohnzwecken genehmigt worden und ein Nutzungsänderungsantrag nicht eingereicht worden sei. Eine Nutzungsänderung zu Wohnzwecken sei möglich, wozu jedoch ein Bauantrag einzureichen sei (GA 25). In der Folgezeit stellte sich heraus, dass auch die Räumlichkeiten im 1. Obergeschoss für eine gewerbliche Nutzung nicht genehmigt sind.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte, wies auf den zur Erlangung einer nachträglichen Genehmigung zu erwartenden Sanierungsaufwand hin und forderte die Beklagte auf, die Haftung dem Grunde nach anzuerkennen (GA 26-28). Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Juni 2014 wies die Beklagte die Ansprüche der Klägerin unter Hinweis darauf, dass die im Kaufvertrag getroffene Beschaffenheitsvereinbarung den dargestellten Sachverhalt nicht umfasse, zurück (GA 29).
Unter dem 16. September 2014 leitete die Klägerin ein selbstständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Krefeld ein (Az. 3 OH 15/14). Hierauf wird Bezug genommen.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat behauptet, entsprechend den Feststellungen des im selbstständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens seien bauliche Maßnahmen zur Herstellung eines genehmigungsfähigen Zustandes erforderlich, die einen Kostenaufwand von EUR 29.050,- zuzüglich Umsatzsteuer (EUR 5.519,50) erforderten. Hierfür müsse die Beklagte einstehen, denn die im notariellen Kaufvertrag abgegebene Beschaffenheitsvereinbarung umfasse auch die behördlicherseits erlaubte Nutzung des Gebäudes.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 34.569,50 Schadensersatz nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr jede...