Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckungsgegenklage des Versicherers auf Ende seiner Leistungsverpflichtung aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Versicherer ist nicht gehalten, in dem von dem Versicherungsnehmer geführten Rechtsstreit um Berufsunfähigkeitsrente von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, gem. § 7 BB-BUZ die Fortdauer der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen und den Versicherungsnehmer wegen zwischenzeitlich erworbener neuer Fähigkeiten auf eine andere Tätigkeit zu verweisen, sondern kann sich auch erst zu einem späteren Zeitpunkt auf diese Abänderungsmöglichkeit berufen.

2. Falls nach der Verurteilung des Versicherers der Weg über die Einstellung der Leistungen mit Bescheid gem. § 7 Abs. 4 BB-BUZ unter Hinweis auf die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG aus formellen Gründen nicht zum Erfolg führt, kann der Versicherer das Ende seiner Leistungspflicht mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen.

3. Für die Frage, ob es sich um neu erworbene Fähigkeiten des Versicherungsnehmers handelt, kommt es auf den Erwerb nach dem Zeitpunkt des Leistungsanerkenntnisses und im Falle einer Verurteilung des Versicherers auf den Erwerb nach dem Zeitpunkt an, zu dem die Abgabe eines Anerkenntnisses geboten war.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 01.08.2002; Aktenzeichen 11 O 89/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1.8.2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - abgeändert.

Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des LG D. vom 15.12.1999 - 11 O 216/97 - sowie aus dem vollstreckbaren Urteil des OLG D. vom 9.1.2001 - 4 U 38/00 - wird ab dem 1.10.2001 für unzulässig erklärt.

Der Beklagte wird verurteilt, die ihm erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der beiden genannten Urteile an die Klägerin herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt im Wege der Vollstreckungsgegenklage die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einem in der Berufungsinstanz bestätigten Urteil, mit dem sie zur Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente verurteilt wurde.

Der Beklagte, der bei der Klägerin seit 1989 eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung unter Einbeziehung der allgemeinen Versicherungsbedingungen der Klägerin (im Folgenden: BUZ) unterhält, nahm die Klägerin im Vorprozess 11 O 216/97 LG D. auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit in seinem Beruf als Koch in Anspruch. Mit Urteil vom 15.12.1999, bestätigt durch Urteil des Senats vom 9.1.2001, verpflichtete das LG die Klägerin zur Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente mit Wirkung ab 1.6.1996 und zur Beitragsbefreiung des Beklagten.

Bereits in der Zeit vom 1.8.1997 bis 2.6.1999 absolvierte der Beklagte ausweislich eines Abschlusszeugnisses vom 2.6.1999 eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Seit dem 7.6.1999 war er als leitender Angestellter der Firma B.-O. und D.V. mbH mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden wöchentlich überwiegend im Bereich der Kundenbetreuung und des Multimedia-Supports tätig. Hiervon erlangte die Klägerin erst im Rahmen eines im Jahr 2001 durchgeführten Nachprüfungsverfahrens Kenntnis.

Mit Schreiben vom 21.6.2001 stellte sie ihre Leistungen mit Wirkung ab 1.10.2001 unter Hinweis auf die Frist nach §§ 6 BUZ, 12 Abs. 3 VVG und mit der Begründung ein, der Beklagte könne nunmehr auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Bürokaufmann verwiesen werden, so dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht mehr gegeben sei.

Der Beklagte erhob innerhalb der Sechsmonatsfrist Klage auf Fortgewähr von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung vor dem LG D. (LG L. - 11 O 410/01). Die Einzelrichterin wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass für die Klage kein Rechtsschutzinteresse bestehe, weil die Forderung gegen den Versicherer tituliert sei und der Versicherer Vollstreckungsgegenklage erheben müsse, um sich von seiner Leistungspflicht zu befreien. Daraufhin nahm der jetzige Beklagte die Klage noch vor Stellung der Sachanträge zurück.

Nunmehr begehrt die Klägerin mit der erhobenen Vollstreckungsgegenklage, die Zwangsvollstreckung aus dem Leistungsurteil für unzulässig zu erklären. Sie hat die Ansicht vertreten, sie könne den Beklagten nach seiner Umschulung mit Erfolg auf eine Tätigkeit als Bürokaufmann verweisen, die der früher ausgeübten Tätigkeit sozial gleichwertig sei. Hierzu hat sie behauptet, der Beklagte verdiene seit April 2001 monatlich 4.521,83 DM brutto, während er als Koch zuletzt ein Gehalt von 4.383,52 DM brutto erhalten habe. Sie hat die Ansicht vertreten, die Vollsteckungsgegenklage sei schon deshalb begründet, weil der Beklagte gegen die Einstellungsmitteilung vom 21.6.2001 nicht wie erforderlich innerhalb der Frist der §§ 6 BUZ, 12 Abs. 3 VVG Klage erhoben bzw. die erhobene Klage wieder zurückgenommen habe mit der Folge, dass diese gem. § 269 Abs. 3 ZPO als nicht anhängig geworden anzusehen sei. Dass ...

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