Leitsatz (amtlich)
1. Es ist zwischen der grundsätzlichen (allgemeinen) Bereitschaft des Verletzers, eine FRAND-Lizenz zu nehmen, und seinem Willen, auf konkrete Lizenzbedingungen, die sich als FRAND erwiesen haben, einzugehen, zu unterscheiden. Auf der Stufe der Lizenzbitte ist allein der allgemeine Wille, Lizenznehmer zu werden, zu verifizieren. Die konkrete Lizenzwilligkeit steht demgegenüber erst zur Debatte, wenn das Lizenzangebot des Patentinhabers als FRAND identifiziert worden ist.
2. Die Bitte um Lizenzierung kann daher pauschal sowie formlos und folglich auch konkludent geschehen. Allerdings muss das fragliche Verhalten für den Gegner gleichwohl eindeutig den allgemeinen Willen zur Lizenznahme erkennen lassen. Eine bloß verbal geäußerte Bitte um Erteilung einer Lizenz reicht daher nicht aus, wenn das übrige Verhalten des Erklärenden bei objektiver Betrachtung unmissverständlich Zeugnis davon ablegt, dass es sich bei der Bitte um eine FRAND-Lizenz um ein reines Lippenbekenntnis handelt, das ganz offensichtlich nicht von einem ernstgemeinten Willen zur Lizenznahme getragen wird, sondern dem einzigen Zweck dient, den Patentinhaber hinzuhalten, seine Rechtsverfolgung zu verschleppen und so die das Patent benutzenden Handlungen ungestört fortsetzen zu können.
3. Auf ein Fehlen der allgemeinen Lizenzbereitschaft kann auch dann geschlossen werden, wenn der Verletzer kategorisch darauf beharrt, dass er auf ein bestimmtes, offensichtlich angemessenes Lizenzierungsmodell (z.B. eine Poollizenz) nicht einzugehen gedenkt und stattdessen unnachgiebig eine bilaterale Einzellizenz einfordert, obwohl er dafür keinerlei rechtfertigende Gründe vorweisen kann.
4. Gibt der Patentinhaber in einer solchen Situation dennoch ein Lizenzangebot ab, so ist dieses - anders als wenn bloß die konkrete Lizenzbereitschaft fehlt - nicht daraufhin zu überprüfen, ob es FRAND-Bedingungen entspricht.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4b O 83/19) |
Tenor
I. Die Berufung gegen das am 11. Mai 2021 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass Ziff. 1 und 2 des landgerichtlichen Tenors nunmehr folgende Fassung erhalten:
"1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Smartphones und Tablets zur Durchführung eines Verfahrens zum Synthetisieren eines ersten und zweiten Audio-Ausgangssignals von einem Eingangssignal
zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, wenn das Verfahren folgende Schritte umfasst:
- das Filtern des Eingangssignals zum Erzeugen eines gefilterten Signals,
- das Erhalten eines Korrelationsparameters, der indikativ ist für eine gewünschte Korrelation zwischen dem ersten und dem zweiten Ausgangssignal,
- das Erhalten eines Pegelparameters, der indikativ ist für eine gewünschte Pegeldifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten Ausgangssignal,
- das Transformieren des Eingangssignals und des gefilterten Signals durch einen Matrixvorgang zu dem ersten und zweiten Ausgangssignal, wobei der Matrixvorgang von dem Korrelationsparameter und dem Pegelparameter abhängig ist, und
wobei der Matrixvorgang eine übliche Rotation um einen vorbestimmten Winkel des ersten und zweiten Ausgangssignals in einem Raum umfasst, der von dem Eingangssignal und dem gefilterten Eingangssignal umfasst wird, und wenn der vorbestimmte Winkel von dem Pegel-Parameter abhängig ist.
2. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Anordnungen zum Synthetisieren eines ersten und eines zweiten Audio-Ausgangssignals von einem Eingangssignal
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn die Anordnungen Folgendes umfassen:
- Filtermittel zum Filtern des Eingangssignals zum Erzeugen eines gefilterten Signals,
- Mittel zum Erhalten eines Korrelationsparameters, der indikativ ist für eine gewünschte Korrelation zwischen dem ersten und dem zweiten Ausgangssignal,
- Mittel zum Erhalten eines Pegelparameters, der indikativ ist für eine gewünschte Pegeldifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten Ausgangssignal,
- Mittel zum Transformieren des Eingangssignals und des gefilterten Signals durch einen Matrixvorgang zu dem ersten und zweiten Ausgangssignal, wobei der Matrixvorgang von dem Korrelationsparameter und dem Pegelparamete...