Leitsatz (amtlich)
1. Zur Wirksamkeit von Honorarvereinbarungen:
a) Eine Individualvereinbarung i.S.v. § 9 AGBG kann sowohl vorliegen, wenn die Honorarvereinbarung im Zusammenhang mit einem Heil- und Kostenplan steht, als auch, wenn sie aufgrund einer eingehenden Erörterung ihres Inhalts zwischen Arzt und Patienten geschlossen wird.
b) Eine Honorarvereinbarung ist vor Erbringung der Leistung i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 GOZ geschlossen, wenn sie sich auf ein abgrenzbares neues Behandlungsgeschehen bezieht.
2. Zur Angemessenheit von Vergütungen für Zahntechnikerleistungen.
3. Zur Abrechnung nach einzelnen Gebührenziffern der GOZ:
a) Mehrfache Berechnung von besonderen Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten je Kieferhälfte gem. GOZ 203.
b) Mehrfache Abrechnung einer anatomischen Abformung des Kiefers gem. GOZ 517.
c) Mehrfache Berechnung von Modellmontagen gem. GOZ 803, 804.
d) Mehrfache Berechnung einzelner Registriervorgänge gem. GOZ 806.
e) Anspruch auf Vergütung von Naht- und Verbrauchsmaterial.
Normenkette
BGB § 612; GOZ § 2 Abs. 2, § 5; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 126/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 21.12.2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung beider Rechtsmittel i.Ü. teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 39.117,99 Euro (= 76.508,13 DM) zu zahlen nebst folgender Zinsen:
9 % aus 27.410,98 Euro (= 53.611,21 DM) vom 17.12.19918 bis 21.1.1999,
9 % aus 22.042,41 Euro (= 43.111,21 DM) vom 22.1.1999 bis 11.2.1999,
9 % aus 21.786,77 Euro (= 42.611,21 DM) vom 12.2.1999 bis 11.3.1999,
9 % aus 21.531,12 Euro (= 42.111,21 DM) vom 12.3.1999 bis 13.4.1999,
9 % aus 21.275,47 Euro (= 41.611,21 DM) vom 14.4.1999 bis 11.5.1999,
9 % aus 21.019,83 Euro (= 41.111,21 DM) vom 12.5.1999 bis 25.5.1999,
9 % aus 20.146,05 Euro (= 39.402,25 DM) vom 26.5.1999 bis 8.6.1999,
9 % aus 17.589,59 Euro (= 34.402,25 DM) seit 9.6.1999;
ferner:
9 % aus 18.532,51 Euro (= 36.246,43 DM) seit 18.6.1999;
9 % aus 2.949,73 Euro (= 5.769,17 DM) seit 10.4.2000;
9 % aus 46,16 Euro (= 90,28 DM) seit 20.2.2002;
sowie 51,13 Euro (= 100 DM vorgerichtliche Mahnkosten);
abzgl.
am 28.12.2001 gezahlter 34.954,42 DM (= 17.871,91 Euro).
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 1/9 und der Beklagte 8/9.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Er behandelt ausschließlich Privatpatienten, und zwar seiner Darstellung nach mit weit überdurchschnittlicher Qualität und besonderer Präzision. Der Kläger machte die Behandlung durch ihn seinerzeit regelmäßig von dem Abschluss einer Honorarvereinbarung ge. § 2 der GOZ abhängig.
Der Beklagte begab sich am 3.8.1994 erstmals in die Behandlung des Klägers. Noch am selben Tag unterzeichneten die Parteien eine Honorarvereinbarung (GA 7), für die der Kläger einen Vordruck verwendete, der u.a. folgenden Text enthält:
„Für die privatärztliche Behandlung bei Herrn …. werden mit Rücksicht auf den voraussichtlichen Zeitaufwand und den Praxisaufwand für die einzelnen besonders schwierigen und/oder besonders zeitaufwändigen Leistungen folgende Multiplikatoren des Gebührensatzes berechnet:”
Das Formular weist an dieser Stelle einen Freiraum für Eintragungen auf, der in der Urkunde vom 3.8.1994 handschriftliche Eintragungen enthält, die sich auf Leistungsnummern des Gebührenverzeichnisses der GOZ beziehen und die unterschiedlich hohe Multiplikatoren (4,9fach bis 7,8fach) des Gebührensatzes betreffen.
Sodann folgt weiterer vorgedruckter Text:
„Die Höhe der Gebühren richtet sich entsprechend § 5 Abs. 2 GOZ insb. nach der voraussichtlichen Schwierigkeit und dem voraussichtlichen Zeitaufwand der einzelnen Leistungen.
§ 5 Abs. 1 GOZ sieht eine Höhe der Gebühr bis zum Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes vor.
Eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen ist möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet …”.
Der Kläger übergab dem Beklagten ferner ein Merkblatt, wegen dessen Inhalt auf die Anl. 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 20.8.2001 (GA 226) Bezug genommen wird.
In der Folgezeit nahm der Kläger bei dem Beklagten umfangreiche Zahnbehandlungen vor. Am 28.4.1998 übergab der Kläger dem Beklagten einen Heil- und Kostenplan für eine beabsichtigte prothetische Behandlung mit einem voraussichtlichen Kostenbetrag von 30.415,40 DM. Seine ihm als Anlage zu dem Heil- und Kostenplan überlassene weitere Vereinbarung der Vergütungshöhe (GA 11) unterzeichnete der Beklagte am 5.5.1998. In dem vorgedruckten Teil der Vereinbarungsurkunde heißt es u.a.:
„Für die in Aussicht genommene privatzahnärztliche Behandlung bei Herrn … wird für die einzelnen Leistungspositionen der amtlichen Gebührenordnung folge...