Leitsatz (amtlich)
1. Eine Interessenkollision, die dem Steuerberater ein Tätigwerden untersagt, kommt auch bei einem Mandatsverhältnis mit Eheleuten in Betracht, wenn er nach Trennung/Scheidung das Mandat nur eines Ehegatten behält und aus dem früheren Mandatsverhältnis mit dem anderen Ehegatten widerstreitende Interessen zu berücksichtigen sind.
2. Ehegatten sind nach Trennung und Scheidung verpflichtet, an der früher vereinbarten gemeinsamen Veranlagung zur Einkommenssteuer festzuhalten, wenn die gemeinsame Veranlagung Teil ihrer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen im Rahmen einer Ehegatteninnengesellschaft war (BGH v. 25.6.2003 - XII ZR 161/01, BGHReport 2003, 1269 = MDR 2003, 1235 = NJW 2003, 2982).
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 19.02.2003; Aktenzeichen 3 O 195/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.2.2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt den beklagten Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser sie im Jahre 1999, nachdem sie von ihrem Ehemann geschieden worden war, im Zusammenhang mit Steuernachforderungen für die Jahre 1993 bis 1997 nicht ordnungemäß beraten habe.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Gewerbebetriebes, dessen Geschäftsführer ihr geschiedener Ehemann bis zum 31.12.1997 war. Die von dem Beklagten beratenen Eheleute wurden antragsgemäß gemeinsam steuerlich veranlagt. Die Steuerbescheide für 1993 bis 1997 wurden im Februar/März 1997 sowie März 1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen und ergaben jeweils einen Erstattungsanspruch der Eheleute. Die Erstattungsbeträge wurden einem Konto der Klägerin, die seit April 1997 von ihrem Ehemann getrennt lebte, gutgeschrieben. Die Ehe der Klägerin wurde am 26.11.1998 geschieden. Zuvor hatten die Eheleute am 30.10.1998 einen Ehevertrag zur Vorbereitung des Scheidungsverfahrens geschlossen, nach dessen § 4 mit Erfüllung der getroffenen Vereinbarungen alle wechselseitigen Verpflichtungen aus der Zeit der gemeinsamen Ehe, ob bekannt oder unbekannt, abgegolten sein sollten. Am 19.7.1999 erließ das Finanzamt aufgrund der Nachprüfung geänderte Steuerbescheide, die zuvor berücksichtigte Verluste nach § 15a EStG nicht anerkannten, so dass sich eine Steuernachforderung von 265.272,18 DM ergab. Der Beklagte stellte für die Klägerin am 29.10.1999 einen Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld, den das Finanzamt mit Schreiben vom 23.6.2000 als unzulässig zurückwies, weil die Klägerin nach Rücksprache mit dem Beklagten die Nachforderung am 2.11.1999 ausgeglichen hatte. Die Klägerin machte daraufhin vor dem LG München (LG München II - 1 O 756/01) Erstattungsansprüche gegen ihren geschiedenen Ehemann geltend und schloss mit ihm am 23.5.2001 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich dieser verpflichtete an sie 45.000 DM zu zahlen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat den Beklagten zur unbedingten Zahlung von 486,75 Euro sowie zur Zahlung weiterer 50.653,42 Euro Zug um Zug gegen Abtretung eines Ausgleichsanspruches an den Beklagten verurteilt und die weiter gehende Forderung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beklagte hätte für das Jahr 1996 zur getrennten Veranlagung raten müssen, weil dies für beide Ehegatten günstiger gewesen wäre. Für die übrigen Veranlagungsjahre seit 1993 habe er nachträglich auf die Möglichkeit einer getrennten Veranlagung nach Einlegung des Einspruches gegen die neuen Steuerbescheide hingegen nicht hinweisen dürfen, da er dann einseitig zu Lasten des Ehemannes tätig geworden wäre, den er während des Bestehens der Ehe mit vertreten hatte und der übereinstimmend mit der Klägerin die gemeinsame Veranlagung beantragt hatte. Der Beklagte habe zu verantworten, dass der Aufteilungsantrag zurückgewiesen wurde, da er der Klägerin zur Tilgung der gesamten Steuernachforderung geraten und zudem keinen Einspruch gegen die Zurückweisung des Aufteilungsantrages eingelegt habe. Da die Steuerschuld der Klägerin bei einer Aufteilung nur 135.114,71 DM betragen hätte, sei ihr ein Schaden von 129.069,47 DM entstanden, auf den die von dem geschiedenen Ehemann zwischenzeitlich aufgrund des gerichtlichen Vergleichs gezahlten 30.000 DM anzurechnen seien. Die Klägerin müsse aber ihren Ausgleichsanspruch, der ihr ggü. ihrem geschiedenen Ehemann zustehe, an den Beklagten abtreten.
Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels vor:
Der Beklagt...