Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 31.01.2003) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der XXXI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
Gründe
Die unverändert zugelassene Anklage wirft dem Angeklagten vor, ab Anfang Juli 2001 unter einer Adresse im Internet pornografische Schriften verbreitet und für sie geworben zu haben. Das Amtsgericht (Urteil veröffentlicht in CR 2003, 296) hat ihn verurteilt, das Landgericht (Urteil veröffentlicht in CR 2003, 452 mit Anm. Gercke/Liesching) hat ihn auf seine Berufung freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge vorläufig Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen war der Angeklagte von November 2000 bis Juni 2002 alleiniger Geschäftsführer einer Fa. ...mit Sitz in ... "Unzweifelhaft" - so das Landgericht - bot das Unternehmen unter der Internetadresse www...de einfache Pornografie in Form von Bildern, Videos, Live-Sex-Shows und Magazinen an. Auf der Startseite wurde das Angebot als "verdorben, verrucht und verlockend" bezeichnet und der Zugang zum "Mitgliedsbereich mit den heißesten Shows und den schärfsten Bildern" wie folgt beschrieben:
"... Und das Beste: Keine Anmeldung, keine Kreditkarte, keine Wartezeit und 100% anonym durch den Highspeed-Zugang. Einfach den High-Speed-Dialer durch den Download-Link rechts herunterladen, mit einem Doppelklick aktivieren und nur wenige Sekunden später wirst du automatisch in den Mitgliedsbereich von Klubhardcore geleitet."
Der Dialer (ein Programm, das eine Telefonverbindung über eine bestimmte Telefonnummer herstellt) wurde auf den Rechner des Nutzers überspielt, sobald dieser die Identitätsnummer eines deutschen Personalausweises oder die Kartennummer einer Kreditkarte eingegeben und ein Programm auf dem Rechner der Telecall die Nummer auf ihre "Schlüssigkeit" überprüft hatte. Bei Eingabe einer Personalausweisnummer wurde der Zugang verweigert, wenn die Prüfung das Geburtsdatum eines Minderjährigen ergab. Besuche des Mitgliedsbereichs wurden über die Telefonverbindung abgerechnet, die der Dialer herstellte. Der Preis betrug 3,60 DM je Minute. Im April 2001 wurde ... von der Zentralstelle der Obersten Landesjugendbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten abgemahnt. Unter ...de sei Pornografie in jugendgefährdender Weise und unter Verstoß gegen § 184 Abs. 1 StGB frei zugänglich, weil keine wirksame Alterskontrolle gegeben sei. Die Abmahnung führte zu keiner Veränderung des Internetauftritts der ... Den Freispruch von dem Vorwurf der Verbreitung pornografischer Schriften hat das Landgericht im Kern damit begründet, dass die festgestellten Zugangshürden - Überprüfung der Ausweis- oder Kartennummer und Einwahl über einen kostenpflichtigen Dialer - zusammen ausgereicht hätten, um Kinder und Jugendliche vom Besuch des Mitgliedsbereichs abzuhalten. Von dem Vorwurf der Werbung für pornografische Schriften hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen, weil eine unerlaubte Werbung "nicht (mehr) feststellbar" sei.
II.
Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg, weil die Feststellungen mangelhaft sind und die rechtlichen Erwägungen den Freispruch nicht tragen.
1.
Eine Straftat nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB hat das Landgericht zutreffend verneint. Nach dieser Vorschrift macht sich nur strafbar, wer pornografische Schriften einer bestimmten Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht (BGHSt 34, 94, 98; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. [2001], § 184 Rdnr. 6; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl. [2003], § 184 Rdnr. 10; allg. M.). Das ist nicht festgestellt; mangelhafte Aufklärung durch den Tatrichter wird nicht gerügt.
2.
Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht aber nicht geprüft, ob der Angeklagte nach § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bestrafen ist.
a)
Nach dieser Vorschrift macht sich u.a. strafbar, wer pornografische Schriften an einem Ort zugänglich macht, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist. Der PC mit Internetanschluss im häuslichen Bereich von Kindern oder Jugendlichen ist ein solcher Ort (Lenckner/Perron a.a.O. Rdnr. 11; Tröndle/Fischer a.a.O.; Hörnle NJW 2002, 1008, 1010 m.w.N.; vgl. BVerwGE 116, 5, 14 = NJW 2002, 2966 zum so genannten Pay-TV). Ein Zugänglichmachen liegt nur dann nicht vor, wenn Vorkehrungen getroffen sind, die den Zugang Minderjähriger zu den pornografischen Inhalten regelmäßig verhindern. Dazu ist erforderlich, dass zwischen der pornografischen Darstellung und dem Minderjährigen eine "effektive Barriere" besteht, die er überwinden muss, um die Darstellung wahrnehmen zu können (BVerwG a.a.O.; BGH NJW 2003, 2838 zur Automaten-videothek; Lenckner/Perron a.a.O. Rdnr. 15). Die Art des Mediums spielt dabei keine Rolle. Bei Angeboten im Internet muss die Barriere genauso "effektiv" sein wie bei Angeboten ...