Leitsatz (amtlich)

1. Blockiert der Schilderpräger, der sein Gewerbe in den Räumen der örtlichen Kfz-Zulassungsstelle betreibt, durch den Abschluss eines mehrjährigen Mietvertrages das einzige für einen Konkurrenzbetrieb zur Verfügung stehende Grundstück, missbraucht er dadurch im Sinne von § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB seine marktbeherrschende Stellung auf dem örtlichen Schilderprägemarkt.

2. Der Kartellrechtsverstoß führt gemäß § 134 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages.

3. Ist der Tatbestand des Marktbeherrschungsmissbrauchs erst im Verlaufe der Mietzeit verwirklicht worden, führt dies zur Nichtigkeit des Mietvertrages mit Wirkung ex nunc.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 08.02.2008)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Februar 2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert der Berufung und die Beschwer der Klägerin werden auf jeweils 53.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine bundesweit mit rund 150 Filialen tätige gewerbliche Schilderprägerin. Sie betreibt seit dem 1. Januar 2004 unter anderem eine Schilderprägestelle in den Räumen der dortigen Kfz-Zulassungsstelle in Bad Salzuflen. Der entsprechende Mietvertrag mit dem Kreis Lippe datiert vom 30. Oktober 2003, hat eine fest vereinbarte Laufzeit bis zum 31. Dezember 2008 und sieht eine einjährige Vertragsverlängerung für den Fall vor, dass das Mietverhältnis nicht vorher unter Einhaltung einer neunmonatigen Kündigungsfrist von einer der Vertragsparteien gekündigt wird.

Im vorliegenden Prozess nimmt die Klägerin die Beklagte aus einem Mietvertrag in Anspruch, den die Parteien am 14. April 2003 abgeschlossen und - so die Behauptung der Klägerin - am 19. Mai 2005 hinsichtlich der zum Aufstellen eines Verkaufscontainers vermieteten Standfläche von circa 25 qm konkretisiert haben. Der Mietvertrag hat eine knapp einjährige Laufzeit bis zum 31. März 2004, sieht eine jeweils einjährige automatische Vertragsverlängerung für den Fall vor, dass keine der Vertragspartner dem widerspricht, und räumt der Klägerin das Optionsrecht ein, das Vertragsverhältnis drei Mal um jeweils 3 Jahre zu verlängern. Der Mietvertrag regelt in § 7 außerdem die Verpflichtung der Beklagten, während der Mietdauer kein Konkurrenzunternehmen zu betreiben, sich weder unmittelbar noch mittelbar an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen sowie einem mit der Klägerin konkurrierenden Schilderprägeunternehmen Räumlichkeiten oder Flächen auf dem Grundstück zu überlassen.

Aufgrund Vertrages vom 4. September 2005 hat die Beklagte die von der Klägerin (in erster Linie in Anspruch genommene) Teilfläche ihres Grundstücks an die "W......" - einem Wettbewerber der Klägerin - vermietet, die die Fläche ihrerseits zum Betrieb einer Schilderprägestelle untervermietete. Die Beklagte räumte die - bis dahin mit eigenen Gerätschaften belegte - Mietfläche am 21. Dezember 2005; am Folgetag wurde ein Verkaufscontainer aufgestellt, in dem seither eine Schilderprägestelle betrieben wird.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Überlassung dieser - sowie hilfsweise einer anderen, näher bezeichneten - Grundstücksteilfläche, ferner das gerichtliche Verbot an die Beklagte, Räumlichkeiten oder Flächen auf dem Grundstück "Louis-Uekermann-Weg 1 in Bad Salzuflen" an Mitbewerber bzw. Konkurrenzunternehmen der Klägerin zu überlassen, sowie schließlich die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Das Landgericht hat die Klage mit sämtlichen Anträgen abgewiesen. Es hat angenommen, dass der am 14. April 2003 abgeschlossene Mietvertrag wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB in vollem Umfang nichtig sei. Das Vertragsverhältnis stelle ein als Mietvertrag getarnter Boykottaufruf in der Form eines Vermietungsboykotts dar.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie greift das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen mit Rechtsausführungen an und beantragt sinngemäß, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr (der Klägerin) die auf dem Grundstück "Louis-Uekermann-Weg 1 in 32107 Bad Salzuflen" befindliche, in der Anlage zur Baugenehmigung vom 24. Oktober 2005 schraffiert gekennzeichnete Fläche - hilfsweise die Fläche gemäß Mietvertrag vom 14. April 2003, § 1 Ziffer 2 i.V.m. der Lageplanskizze vom 28. Juli 2004, Anlage 3 - zur Nutzung zu überlassen,

hilfsweise

2. die mietvertragliche Überlassung der unter 1. benannten Fläche an einen ihrer (der Klägerin) Mitbewerber bzw. Konkurrenten zu beenden sowie - unter der Bedingung, dass die unter 1. bezeichnete Fläche an die Beklagte geräumt herausgegeben wu...

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