Leitsatz (amtlich)
Infolge des Wechsels der Hochspannungsebene aus dem Regime des Erweiterungsfaktors in dasjenige der Investitionsmaßnahmen werden im Jahr 2013 aufgewandte und erst nach dem 30.06.2013 zu einer Änderung der Versorgungsaufgabe führende Investitionskosten bei wortlautgetreuer Anwendung des § 23 Abs. 7 ARegV n.F. weder über das Instrument der Investitionsmaßnahme noch über das des Erweiterungsfaktors nach § 10 ARegV berücksichtigt.
Derartige Investitionskosten sind auch dann nicht als über den Erweiterungsfaktor abgebildet zu bewerten, wenn die Bundesnetzagentur zugunsten des Netzbetreibers für das Jahr 2013 einen Erweiterungsfaktor für andere Änderungen der Versorgungsaufgabe bewilligt hat.
Dass solche Investitionskosten sowohl aus dem Regime des Erweiterungsfaktors als auch aus dem der Investitionsmaßnahmen herausfallen, stellt sich als eine planwidrige Regelungslücke dar, die durch eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 23 Abs. 7 ARegV n.F. und nicht durch eine fortgesetzte Anwendung des Erweiterungsfaktors nach § 10 ARegV zu schließen ist.
Die Entscheidung, die bestandskräftige Festlegung BK4-12-656 anzuwenden, ist auch in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Vorgabe, im Rahmen der Berechnung der Kapital- und Betriebskosten für Neuanlagen für das erste Jahr der Kostenwirksamkeit den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens mit Null anzusetzen, rechtswidrig ist, nicht ermessensfehlerhaft. Maßgeblich für die Offenkundigkeit der Rechtswidrigkeit sind die Erkenntnismöglichkeiten der Behörde zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung und nicht eine nachträgliche höchstrichterliche Klärung der Rechtslage.
Die Entscheidung, die bestandskräftige Festlegung BK4-12/656 auf die genehmigte Investitionsmaßnahme anzuwenden, stellt keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, sondern eine einmalige Gestaltung der Rechtslage mit einer begrenzten zeitlichen Wirkung dar, so dass sich der Eintritt einer offenkundigen Rechtswidrigkeit auch nicht mit Blick auf eine solche Dauerwirkung herleiten lässt.
Normenkette
ARegV § 23 Abs. 3 S. 1, Abs. 7, § 10 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
Bundesnetzagentur (Beschluss vom 21.08.2014; Aktenzeichen BL4-13/557) |
Tenor
Die Bundesnetzagentur wird verpflichtet, unter Aufhebung von Ziffer 2.) ihres Beschlusses vom 21.08.2014 (BK4-13/557), soweit dieser den Antrag auf Genehmigung der Investitionsmaßnahme für das Projekt "..." hinsichtlich der Anlagegüter mit Aktivierungen in 2013 ablehnt, die beantragte Investitionsmaßnahme mit Wirkung zum 01.01.2014 zu genehmigen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführerin zu 40 % und die Bundesnetzagentur zu 60 %.
Der Beschwerdewert wird auf... Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz in..., an das das Gaskraftwerk... angeschlossen ist. Um den Netzanschluss des Gaskraftwerks herzustellen, musste die Beschwerdeführerin die bestehende 110 kV-Schaltanlage des Umspannwerkes... um ein 110 kV-Schaltfeld erweitern. Die Investition war erforderlich, da Größe und elektrische Nennleistung der KWK-Erzeugungsanlage die Erweiterung der 110 kV-Anlage der Beschwerdeführerin technisch bedingten.
Die Planinvestitionskosten für das Projekt betrugen... EUR. Die Anlage wurde im Jahr 2013 in Betrieb genommen und am 08.08.2013 als Fertiganlage aktiviert. Die Ist-Kosten beliefen sich auf... EUR. Die ersten im Jahr 2012 angefallenen Kosten in Höhe von... EUR wurden bereits im Jahr 2012 als Anlagen im Bau aktiviert.
Durch die Investition entstand ein zusätzlicher Anschlusspunkt, der Einspeisepunkt einer dezentralen Erzeugungsanlage ist, so dass sich die Parameter für die Ermittlung des Erweiterungsfaktors im Sinne des § 10 Abs. 2 S. 2 ARegV geändert haben.
Mit der am 22.08.2013 in Kraft getretenen Verordnung zur Änderung von Verordnungen auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts wurde unter anderem der neue § 23 Abs. 7 ARegV eingeführt. Danach können einem Betreiber von Verteilernetzen unter bestimmten Voraussetzungen Investitionsmaßnahmen durch die Regulierungsbehörde auch für Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen in der Hochspannungsebene genehmigt werden. Zugleich wurde § 10 Abs. 4 ARegV dahingehend geändert, dass die Hochspannungsebene aus dem Anwendungsbereich des Erweiterungsfaktors herausgenommen wurde. Während die ARegV in der bis zum 22.08.2013 geltenden Fassung für Investitionsmaßnahmen von Verteilernetzbetreibern in der Hochspannungsebene einen Vorrang der Regelungen zum Erweiterungsfaktor vorsah und lediglich für solche Vorhaben, die nicht durch den Erweiterungsfaktor abbildbar waren, gemäß § 23 Abs. 6 ARegV eine Investitionsmaßnahme bewilligt werden konnte, sieht die Neufassung der ARegV vor, dass die Kosten des Ausbaus der Hochspannungsebene ausschließlich über das Instrumentarium der Investitionsmaßnahme abgebildet werden.
Gemäß § 4 Abs. 4 S. ...