Leitsatz (amtlich)
1. Nicht nur die anlageberatende Bank, sondern auch der freie Anlageberater ist verpflichtet, ungefragt den Anleger darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe er für die erfolgreiche Empfehlung der Kapitalanlage vom Kapitalsuchenden ein Entgelt erhält. Es würde eine nicht gerechtfertigte Privilegierung der freien Anlageberater ggü. den Banken darstellen, sie von der Verpflichtung zur Aufklärung über an sie zurückgezahlte Entgelte auszunehmen.
2. Der Kunde eines freien Anlageberaters ist genauso schutzwürdig wie der Kunde einer anlageberatenden Bank. Während der Kunde der anlageberatenden Bank nach der Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des BGH zur Vermeidung eines vertragswidrigen Interessenkonfliktes über die Höhe der Rückvergütung exakt aufgeklärt werden muss (Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05), hat der nach der Rechtsprechung des 3. Zivilsenats des BGH über die Rückvergütung nicht aufgeklärte Kunde eines freien Anlageberaters (Urt. v. 15.4.2010 - III ZR 196/09) allenfalls eine nur ungefähre Vorstellung über die Höhe der Rückvergütung. Gerade wenn die dem Anlageberater in Aussicht gestellten Entgelte hinsichtlich der in das Beratungsgespräch einbezogenen Kapitalanlagegesellschaften unterschiedlich hoch ausfallen, ist jedoch die Aufklärung über die Höhe der zu erwartenden Rückflüsse für die Beurteilung der Objektivität der angebotenen Beratung unabdingbar.
3. Die Aufklärungspflicht des Anlageberaters bezieht sich auf das gesamte Entgelt, das er von dem Kapitalsuchenden für eine erfolgreiche Empfehlung erhält, gleichgültig aus welchem "Topf" der Gesamtfinanzplanung das Entgelt im Ergebnis gezahlt wird. Entscheidend ist allein, dass das Entgelt nur für den Fall der erfolgreichen Anlageempfehlung gezahlt wird, weil es dann aus der Geschäftsbesorgung i.S.d. § 667 BGB "erlangt" und aufgrund seines Umsatzbezugs zudem geeignet ist, die Objektivität der Beratungsleistung zu beinträchtigen.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.09.2010; Aktenzeichen 2b O 245/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.9.2009 verkündete Ur-teil der 2b Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beklagten bleibt nachgelassen die Vollstreckung i.H.v. % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns, dem Zeugen Dr. A., die Beklagte wegen nicht objektgerechter Beratung, hilfsweise wegen unterlassener Aufklärung hinsichtlich der infolge der Anlageempfehlung erhaltenen Provisionen auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Zeuge Dr. A. hatte bereits mehrfach auf Empfehlung der Beklagten, zu der er seit Jahren in Geschäftsbeziehung stand, Kapitalanlagen getätigt. Dem Zeugen B., einem Mitarbeiter der Beklagten, waren die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Zedenten bekannt, insbesondere dass ihm jährlich ein Betrag von EUR 20.000 für eine steueroptimierte Kapitalanlage zur Verfügung stand. Um eine erneute Investition dieser Art zu tätigen, wandte sich der Zeuge Dr. A. im August 2001 an den Zeugen B.. Dieser unterbreitete für die Beklagte dem Zeugen Dr. A. verschiedene Anlagevorschläge und empfahl eine Beteiligung an dem Filmfonds C-Filmproduktion KG, über die er ihn anhand der Angaben in dem Emissionsprospekt vom 10.5.2001 informierte. Dabei vertraute der Zeuge B. auf die Prospektangaben, da die Leistungsbilanz des etablierten Anbieters seinerzeit tadellos war. Auf S. 18 des Prospekts werden die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung mit 9,5 % des Kommanditkapitals = EUR 4.975.000 beziffert. Zugleich wird zum Agio i.H.v. 5 % des Kommanditkapitals erklärt, dass dieses zum "Ausgleich zusätzlicher Vertriebskosten durch die Beteiligungsgesellschaft ... erhoben und an die Vertriebsbeauftragten weitergeleitet" wird. Ob und in welcher Höhe sie Provisionszahlungen des Filmfonds für eine erfolgreiche Empfehlung zu erwarten hatte, teilte die Beklagte dem Zeugen Dr. A. nicht mit.
Der Zeuge Dr. A. zeichnete daraufhin am 7.9.201 eine Beteiligung an dem vorgenannten Filmfonds i.H.v. EUR 20.000 und zahlte den Gesamtbetrag von EUR 21.000 inkl. 5 % Agio aus Eigenmitteln am 31.12.2001. Die Beklagte erhielt von dem Filmfonds nicht nur das Agio i.H.v. 5 %, sondern weitere 3 % bis zu 10 % des Anlagebetrags als Provisionen zurückvergütet.
Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Zwischen dem Zeugen Dr. A. und der Beklagten sei stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden, da sie ihm mehrere Anlageempfehlungen vorgeschlagen und diese fachkundig bewertet habe. Da nach dem Anlagekonzept der Erlösausfallversicherung entscheidende Bedeutung zugekommen sei, hätte die Beklagte die Verpflichtung gehabt, sich bei dem Bundesaufsichtsamt f...