Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 02.06.1999; Aktenzeichen 2 O 87/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 2. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Rechtsmittel des Klägers, mit welchem er die Abweisung seiner auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung der künftigen Ersatzpflicht der Beklagten gerichteten Klage bekämpft, bleibt ohne Erfolg.
I.
1. Schmerzensgeld
Der Kläger kann das begehrte Schmerzensgeld nicht auf § 847 Abs. 1 BGB stützen. Das scheitert daran, dass den Beklagten eine unerlaubte Handlung in Gestalt einer Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) nicht vorzuwerfen ist.
a)
Allerdings sind die Beklagten grundsätzlich als Grundstückseigentümer verkehrssicherungspflichtig, soweit sie auf ihrem Anwesen bestimmungsgemäß Verkehr eröffnet haben. Geht es wie hier um die Sicherung eines zu Wohnzwecken dienenden Zweifamilienhauses vor Gefahren, die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung Dritten an Eigentum und Körper drohen können, hat der Grundstückseigentümer alle zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, Schadenseintritt zu vermeiden. Zu diesen Maßnahmen gehört auch das Abstreuen der zum Haus führenden Zugänge (Hege, Treppen) im Falle des Eintritts von Eis- oder Schneeglätte, die sichere bauliche Ausführung der Zugänge sowie die Vorhaltung einer ausreichenden Außenbeleuchtung.
b)
Die Beklagten haben entgegen der Ansicht des Klägers gegen keines der drei genannten Verkehrssicherungsgebote verstehen.
aa)
Zur Unfallzeit (5. Dezember 1998, 6.05 Uhr) hatte noch kein aus § 823 Abs. 1 BGB an die Beklagten adressiertes Gebot bestanden, die dreistufige Außentreppenanlage, auf derer, oberem Podest der Kläger beim Hinaustreten auf dem Weg zu seiner täglichen Arbeit zu Fall gekommen zu sein behauptet, gegen winterliche Glättebildung in geeigneter Weise abzustreuen. Die Ansicht des Klägers, die Beklagten als Grundstückseigentümer hätte die gefahrlose Begehbarkeit der Treppenanlage „jederzeit” zu gewährleisten, ist rechtsirrtümlich.
Soweit der Bundesgerichtshof in der vom Kläger herangezogenen Entscheidung (VersR 1977, 431, 432 unter Nr. II) von „jederzeitige(r) Begehbarkeit” des Hauszugangswegs spricht, wollte er damit nicht zum Ausdruck bringen, die Verkehrssicherungspflicht, insbesondere die Streupflicht des Grundstückseigentümers bei Eis- und Schneeglätte, bestehe „rund um die Uhr” (so ausdrücklich klarstellend BGH NJW 1985, 270 unter Nr. II. 1). Sie ist vielmehr begrenzt auf den zeitlichen Umfang, den „billige Rücksicht nach der Verkehrsauffassung”, gebietet (BGH a.a.O. m.w.N.). Ersichtlich wollte der Bundesgerichtshof mit dem Begriff nur zum Ausdruck bringen, dass die jederzeitige Begehbarkeit während des zeitlichen Bestands der Verkehrssicherungspflicht gewährleistet sein muss. Das war in jenem Fall. (BGH NJW 1977, 431) aber nicht zweifelhaft, weil sich dort der Unfall um 9.00 Uhr ereignet hatte, nachdem gegen 7.20 Uhr die Eisglätte eingesetzt hatte.
Der Umfang der Streupflicht lässt sich zeitlich nicht generell festlegen, weil die Verkehrsbedürfnisse je nach Einzelfall variieren. Ein Gastwirt etwa, der seine Gaststätte dem Besucherverkehr auch in den Nachtstunden eröffnet, wird während der gesamten Öffnungszeit der Streupflicht nachkommen müssen, um dem Vorwurf, seine Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben, zu entgehen (vgl. BGH NJW 1985, 270 und 482). Das Gleiche wird für einen privaten Grundstückseigentümer zu gelten haben, der bis in die späten Abendstunden (eingeladene) Gäste empfangen hat.
Um einen derartigen Fall handelt es sich hier indessen nicht. Hier geht es um die Sicherung des allgemeinen Verkehrs auf dem Grundstück der Beklagten durch die Hausbewohner, Besucher, Zusteller (Post, Zeitung), Lieferanten und vergleichbare Verkehrsteilnehmer. Als Richtlinie für die zeitliche Begrenzung der Verkehrssicherungspflicht kann am Morgen das Einsetzen des (allgemeinen) Verkehrs genommen werden. Denn jeder Teilnehmer am allgemeinen Verkehr muss darauf vertrauen können, dass seine Verkehrsteilnahme nicht durch Gefahrenherde auf den zu benutzenden Wegen gefährdet oder gar verhindert wird (vgl. BGH NJW 1985, 270).
Außerhalb der allgemeinen Verkehrsstunden besteht ein derartiger Vertrauensschutz nicht, weil das für den Verkehrssicherungspflichtigen zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Ein Hausbewohner, der in den späten Abendstunden oder in der Nacht Gäste bewirtet oder zu diesen Zeiten nach auswärtigen Besuchen heimkehrt, kann deshalb nicht erwarten, dass der Hauszugang vom Grundstückseigentümer gegen Eis- oder Schneeglätte abgestreut ist, obwohl die abendliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (Kino, Theater, Konzert, Gaststätten- und Restaurantbesuche, Umgang mit Freunden, Teilnahme an Sport- und Bildungsveranstaltungen u.ä.) üblich und für den Grundstückseigentümer vorhersehbar ist, insbesonder...