Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 15.06.2021; Aktenzeichen 6 O 109/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 15.06.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des von ihm gemäß verbindlicher Bestellung vom 01.08.2016 bei der ... GmbH zum Preis von 22.000,- EUR erworbenen Gebrauchtfahrzeugs Marke VW Tiguan 2.0 TDI auf Schadensersatz wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Anspruch. In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA189 verbaut.
Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die in dem Fahrzeug des Klägers installierte Motorsteuerungssoftware erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchläuft. In diesem Fall läuft die Software in einem Modus 1, in dem die Grenzwerte für die Stickoxid-Emission nach der Euro-5-Norm eingehalten werden. Im realen Fahrbetrieb arbeitet die Motorsteuerung im Modus 0 und es erfolgt eine Zurückleitung der ausgestoßenen Stickoxide in den Ansaugtrakt des Motors in geringerem Umfang ohne Einhaltung der Grenzwerte.
Vor Abschluss des Kaufvertrags, am 22.09.2015, hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG a.F. veröffentlicht, wonach bei weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei, sie mit Hochdruck daran arbeite, die Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen und dazu in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) stehe. Das KBA sah die genannte Software als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 an und verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015, die Abschalteinrichtung zu "entfernen" und "geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftmäßigkeit zu ergreifen". Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, das das KBA als geeignet zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit auch des hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyps ansah.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises von 22.000,- EUR sowie der zu seiner Finanzierung aufgewandten Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 7.135,58 EUR EUR Zug um Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten von 1.100,51 EUR.
Die Beklagte hat sich im wesentlichen damit verteidigt, dass ihr zu dem Zeitpunkt, als der Kläger das Fahrzeug im August 2016 erworben hat, kein sittenwidriges Verhalten mehr vorzuwerfen gewesen ist.
Das Landgericht hat die Klage unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.12.2020 - VI ZR 244/20 - juris, abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge (mit Ausnahme des Antrags auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in Höhe eines Betrages von 1.870,- EUR) weiterverfolgt.
Der Kläger beanstandet, dass das Landgericht seinen Vortrag dazu, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sei und auch das Software-Update selbst wiederum eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalte, unberücksichtigt gelassen und den hierzu angebotenen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens verfahrensfehlerhaft unterlassen habe. Der Bundesgerichtshof habe im Beschluss vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19 - klargestellt, dass die klagenden Autokäufer ihrer Darlegungslast zur besonderen Verwerflichkeit des Handelns nachgekommen seien, wenn die durch die Beklagte im Typengenehmigungsverfahren gemachten Angaben unzureichend gewesen seien. Demgegenüber habe die Beklagte weder dargelegt noch bewiesen, dass sie den Erfordernissen im Typengenehmigungsverfahren nachgekommen sei. Da sich der streitgegenständliche Motor des Typs EA 189 in einem erneuten Rückruf des KBA wegen der Entfernung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. wegen erhöhten Stickoxidemissionen nach Durchführung der ersten Software-Updates befinde, habe die Beklagte vorzutragen, welche Angaben sie im Typengenehmigungs- und Freigabeverfahren für das Software-Update gegenüber dem KBA gemacht habe. Der Beklagten möge daher durch gerichtlichen Beschluss aufgegeben werden, die Einzelheiten der Abgasrüc...