Leitsatz (amtlich)

1. Der Handelsmakler unterscheidet sich vom Handelsvertreter durch das Fehlen einer ständigen Betrauung durch den Unternehmer. Betrauung bedeutet Beauftragung im Sinne eines Dienstvertrags mit Geschäftsbesorgungscharakter, aus dem sich für den Vertreter eine Pflicht zum Tätigwerden ergibt. Ständig meint eine auf Dauer angelegte Bindung, die mehr ist als eine bloß langfristige Geschäftsbeziehung.

2. Der wesentliche Unterschied liegt in der mit seiner Pflicht zum Tätigwerden verbundenen Bemühenspflicht des Handelsvertreters um die Vermittlung oder den Geschäftsabschluss.

3. Bei der Abgrenzung sind alle Umstände des Einzelfalles heranzuziehen. Maßgeblich ist nicht allein die von den Parteien vorgenommene Einordnung des Vertrages, die gewählte Parteibezeichnung oder die tatsächliche Vertragsdurchführung; vielmehr ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen und dabei sowohl die vertragliche Gestaltung, als auch deren tatsächliche Handhabung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

HGB § 84 Abs. 1, § 86 Abs. 1, § 92 Abs. 2, § 93 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 30.03.2010; Aktenzeichen 10 O 496/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-Urteil des LG Düssel-dorf vom 30.3.2010 - 10 O 496/05 - dahingehend abgeändert, dass der Widerklageantrag zu 2) (Erteilung eines Buchauszuges) insgesamt abgewiesen wird.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Widerklageantrags zu 1) (Ausgleichsanspruch) richtet. Im Übrigen (Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 3.500,- Euro nebst Zinsen) wird die Sache unter Aufhebung des Teil-Urteils und des Verfahrens an das LG Düsseldorf zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung vermeintlich nicht verdienter Courtagen aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen sowie die Rückzahlung eines ihm gewährten Courtagevorschusses. Der Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der er Schadensersatz wegen vermeintlich zu Unrecht vorgenommener Stornierungen von Versicherungsverträgen, die Auszahlung einer gebildeten Stornoreserve, einen Ausgleichsanspruch nach Vertragsbeendigung und einen Informationsanspruch in Bezug auf die Abrechnung der Courtagen aus Handelsvertreterrecht geltend macht.

Am 16.07./28.7.2003 trafen die Parteien eine als "Courtagezusage" überschriebene Vereinbarung. Der Beklagte wurde in der Einleitung und im weiteren Vertragstext als "Makler" bezeichnet. Gemäß Ziff. 1 der Zusage sollte der Makler mit Wirkung vom 16.7.2003 i.S.d. §§ 93 ff. HGB tätig sein und für das der Klägerin zugeführte Geschäft eine Courtage gemäß den Regelungen des beigefügten Nachtrags erhalten. Nach dem in Bezug genommenen Nachtrag Nr. 1 selben Datums sollte der Makler nach dortiger Maßgabe eine Abschluss- und eine Bestandscourtage erhalten. Es wurde eine Vereinbarung getroffen, nach der ein prozentualer Anteil der monatlichen Abschlusscourtagegutschriften als Stornoreserve einbehalten werden sollte. Mit Nachträgen Nr. 2 vom 21.11./6.12.2003 und Nr. 4 vom 17.11./1.12.2004 wurden die Regelungen teilweise geändert und ergänzt. Wegen des Inhalts der getroffenen Vereinbarung im Einzelnen wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.

Mit Nachtrag Nr. 3 vom 7.7.2004/10.7.2004 (Anlage K2) vereinbarten die Parteien, dass der Beklagte von der Klägerin einen einmaligen, verrechenbaren Courtagevorschuss von 5.000,- Euro erhalten sollte. Der Courtagevorschuss sollte ab der Courtage-Abrechnung 07/2004 in monatlichen Raten i.H.v. 500,- Euro getilgt werden, wobei die Tilgung aus den Courtagegutschriften der jeweiligen Courtageabrechnung erfolgen sollte. Für den Fall, dass der Courtagevorschuss mit der Courtage-Abrechnung 04/2005 nicht vollständig getilgt sein sollte, verpflichtete sich der Beklagte zur Rückzahlung der dann bestehenden Restforderung in einer Summe spätestens bis zum 10.5.2005. Der Courtagevorschuss wurde nach Abschluss der Vereinbarung von der Klägerin an den Beklagten ausgezahlt. Die Tilgung in Form der vereinbarten Verrechnung monatlicher Raten von 500,- Euro auf die Courtagegutschriften erfolgte nur in den Monaten Juli, August und September 2004. Der Restbetrag von 3.500,- Euro ist unstreitig bis heute offen.

Mit Schreiben an den Beklagten vom 18.3.2005 (Anlage K3) widerrief die Klägerin die Courtagezusage zum 30.4.2005. Mit Schreiben an sie vom 24.4.2005 (Anlage K3a) forderte der Beklagte eine ordnungsgemäß Abrechnung mit Buchauszug und kündigte im Hinblick auf die hinterlegte Stornoreserve und den vermeintlich vorzunehmenden Ausgleich nach § 89b HGB die Darlegung eigener Ansprüche an. Die Klägerin forderte den Beklagten zur Rückzahlung vermeintlich nicht verdienter Courtagen mit Schreiben vom 10.11.2004 (Anlage K36) unter Fristsetzung bis zum 30.11.2004 in Höhe eines Gesamtbetrages von 2.651,52 EUR, mit Schreiben vom 10.12.2004 (Anlage K37) unter Fristsetzung...

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