Leitsatz (amtlich)

1. Sofern sich das erstinstanzliche Verfahren nach § 306 AktG a.F. und das Beschwerdeverfahren nach dem SpruchG richtet, bleibt die abhängige Gesellschaft trotz der Wertung des § 5 Nr. 1 SpruchG Beschwerdegegnerin.

2. Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der "vollen Entschädigung", wenn der Unternehmenswert auf den Tag der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung abgezinst wird und die Abfindung gem. § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG erst nach Ablauf des Tages, an dem der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wirksam geworden ist, verzinst wird.

3. Es ist unbedenklich, wenn der Zinssatz gem. § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG geringer als der Kapitalisierungszinssatz ist.

4. Die Frage, ob - im Falle einer formwechselnden Umwandlung einer abhängigen Gesellschaft - für einzelne außenstehende Aktionäre die Abfindung um möglicherweise entstehende persönliche Ertragssteuern zu erhöhen ist, ist nicht im Spruchverfahren zu entscheiden.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 25.05.2004; Aktenzeichen 31 O 84/95)

 

Tenor

Auf die sofortigen Beschwerden wird der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 25.5.2004 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die angemessene Barabfindung für eine Aktie der F.N. AG im Nennbetrag von 50 DM wird auf 268,71 EUR (entspricht 525,55 DM) festgesetzt.

Der angemessene Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre der F.N. AG wird für jedes Geschäftsjahr und für jede Aktie im Nennbetrag von 50 DM auf 25,96 EUR (entspricht 50,77 DM) abzgl. der Körperschaftsteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs festgesetzt. Die Verpflichtung gem. § 4 Ziff. 1 und 2 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 9.9.1991, für das Geschäftsjahr, in dem die Beteiligungen der F.N. AG an Unternehmen der "Werkstoff- und Systemtechnik" veräußert worden sind, einen einmaligen Ausgleich i.H.v. 50 DM für jede F.N. AG-Aktie im Nennbetrag von 50 DM zu gewähren, bleibt hiervon unberührt.

Im Übrigen werden die sofortigen Beschwerden zurückgewiesen.

Die Kosten des Spruchverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sowie die Vergütung und Auslagen der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre tragen die Antragsgegnerinnen.

Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf 3.317.261,73 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Aktionäre der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1., der F.N. AG (F), haben auf der Hauptversammlung vom 31.10.1991 mit der notwendigen Mehrheit einem am 9.9.1991 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 2. zugestimmt. Der Vertrag wurde am 14.11.1991 in das Handelsregister eingetragen und am 3.1.1992 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Die Verpflichtung zur Gewinnabführung war für Geschäftsjahre ab dem 1.1.1992 vereinbart.

§ 4 Ziff. 1 und 2 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages garantiert den außenstehenden Aktionären für jede Aktie im Nennbetrag von 50 DM einen Ausgleich gem. § 304 AktG i.H.v. 30 DM. Für das Geschäftsjahr, in dem die Beteiligungen der Antragsgegnerin zu 1. an Unternehmen der "Werkstoff- und Systemtechnik" veräußert werden, wird ein Betrag i.H.v. einmalig 50 DM zugesagt. § 5 des Vertrages gewährt den ausscheidenden Aktionären für eine Aktie im Nennbetrag von 50 DM eine Abfindung gem. § 305 AktG i.H.v. 485 DM (entspricht 247,98 EUR).

Die Antragsgegnerin zu 2. hat sich 1994 außerdem verpflichtet, die durch die Einführung der niedrigeren Körperschaftsteuergutschrift von 36 % auf 30 % für die außenstehenden Aktionäre entstehenden Nachteile durch eine erhöhte Ausgleichszahlung zu kompensieren.

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 31.10.1991 war die Antragsgegnerin zu 2. mit ca. 98 % direkt und indirekt an der Antragsgegnerin zu 1. beteiligt. Die außenstehenden Aktionäre hielten 2 %, d.h. ca. 160.000 Aktien der ausgegebenen 8 Mio. Aktien.

Die Antragsgegnerin zu 1. war im Oktober 1991 direkt oder indirekt an mehreren Tochtergesellschaften, der B. AG (W.), der D.N. AG (T.), der F. AG (D.) sowie der F.V. AG (D.), beteiligt. Die Unternehmen der "Werkstoff- und Systemtechnik" sowie das übrige wesentliche Vermögen der Antragsgegnerin zu 1., das nicht dem Unternehmensbereich "Papier und Karton" zuzurechnen war, wurde am 1.1.1992 als unternehmerische Einheit an ein von der M.g. AG geführtes Konsortium zum Preis von 1,45 Mrd. DM verkauft. Die bei der Antragsgegnerin zu 1. verbliebenen Papier- und Kartonaktivitäten wurden in vier Tochtergesellschaften neu gegliedert. Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 15.8.2000 wurde die F.N. AG in eine GmbH & Co. KG umgewandelt und die Firmenbezeichnung entsprechend geändert. Die Änderung wurde am 16.10.2001 im Handelsregister eingetragen.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der KG vom 13.2.2003 sind die Beschwerdeführer zu 1. und 2. aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden. Der BGH hat mit Urteil vom 17.7.2006 (Az. II ZR 242/04, WM 2006, 1627; vgl. auch BGH, Urt. v. 9.5.2005 - II ZR 29/03) festgestellt, dass dies...

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