Verfahrensgang
LG Kleve (Entscheidung vom 10.08.2007) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 10.08.2007 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu je 1/3 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jeder Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien bieten jeweils zahnärztliche Leistungen an. Die Kläger bezeichnen sich als Fachzahnärzte für Kieferorthopädie; sie haben die entsprechende dreijährige Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein absolviert.
Die Beklagte hat durch einen 1000 Unterrichtseinheiten umfassenden Studiengang an der österreichischen Donau-Universität Krems den Titel "Master of Science Kieferorthopädie" erworben, den sie auf ihrer Internetseite in der aus der Anlage K 4 ersichtlichen Form angibt.
Die Kläger beanstanden die Angabe des Titels im Rahmen der "Außendarstellung" der Beklagten. Sie meinen, Zahnärzte dürften grundsätzlich nur die Gebietsbezeichnungen führen, die in § 33 Heilberufegesetz genannt sind. Die Beklagte verwende die Gebietsbezeichnung "Kieferorthopädie", ohne die entsprechende Weiterbildung nach § 1 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung absolviert zu haben, was berufsrechtswidrig sei. Darüber hinaus werde der Verkehr irregeführt. Die angesprochenen Verkehrskreise verbänden mit dem Weiterbildungsgebiet "Kieferorthopädie" allein die Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung. Die parallele Verwendung der Bezeichnungen "Facharzt für Kieferorthopädie" und "Master of Science Kieferorthopädie" führe zu Verwechslungen; die deutsche Bevölkerung habe keine Vorstellung, was ein solcher Master-Titel bedeute.
Die Beklagte hält sich für berechtigt, die Bezeichnung "Master of Science Kieferorthopädie" zu führen. Dieser akademische Grad sei ihr aufgrund § 1 der Verordnung der österreichischen Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den akademischen Grad "Master of Science Kieferorthopädie" verliehen worden. Nach § 5 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Österreich über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich seien Inhaber dieses Grades berechtigt, den Grad im jeweils anderen Staat zu führen. Ferner dürften nach § 12 Abs. 2 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein akademische Titel und Grade in der in Deutschland zulässigen Form geführt werden.
Eine Irreführung könne ihr, der Beklagten, nicht vorgeworfen werden. Vielmehr wäre es irreführend, den Zusatz Kieferorthopädie wegzulassen, da dann angenommen würde, der Master-Grad erstrecke sich auf die gesamte Zahnheilkunde.
Das Landgericht hat der Klage (bis auf einen Teil der geltend gemachten Abmahnkosten) stattgegeben und der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Dritten die Bezeichnung "Master of Science Kieferorthopädie" zu verwenden; sowie die Beklagte zur Zahlung von 480,12 EUR vorgerichtlicher Abmahnkosten verurteilt.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte mit der angegriffenen Bezeichnung nicht allein einen akademischen Grad, sondern zugleich eine zahnärztliche Fachgebietsbezeichnung führe, was gegen die Regelungen im Heilberufegesetz Nordrhein-Westfalen verstoße. Das gegenüber der Beklagten ausgesprochene Verbot verstoße nicht gegen Art. 12 des Grundgesetzes; die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes sei gegeben.
Mit der Berufung erstrebt die Beklagte eine Abweisung der Klage. Sie rügt, das Landgericht habe im Rahmen der Prüfung der Berufsausübungsfreiheit nicht hinreichend das sogenannte Bologna-Abkommen zur europaweiten Konsolidierung der Hochschulausbildung berücksichtigt. Es handele sich bei dem "Master of Science" um einen anerkannten akademischen Grad und nicht um eine Fachgebietsbezeichnung. Die Gebietsbezeichnung "Kieferorthopädie" sei nicht lediglich für die weitergebildeten Kieferorthopäden reserviert. Eine Verunsicherung der Patienten sei nicht zu befürchten.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 10.08.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kläger verteidigen das zu ihren Gunsten ergangene landgerichtliche Urteil und führen vertiefend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen aus, dass die Einführung berufsbegleitender Studien, die zum Erwerb eines Titels führten, nicht unmittelbar Inhalt der Bologna-Deklaration sei, weshalb die Grundsätze des Bologna-Prozesses nur bedingt angewendet werden könnten.
Es sei zu unterscheiden zwischen Master-Titeln, die auf ein in der Weiterbildungsordnung geregeltes Fachgebiet Bezug nehmen und solchen, bei denen dies nicht der Fall sei. Bei Erstgenannten bestehe deshalb eine Irreführungsgefahr, weil ein bestehe...