Leitsatz (amtlich)
1. Der Ersteher tritt als Erwerber an Stelle des Schuldners nur in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der Mietvertrag noch mit dem Schuldner oder erst während eines laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens mit dem Zwangsverwalter abgeschlossen worden ist.
2. Ist die Miete für eine Lagerhallenfläche monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag auf das Konto des Zwangsverwalters zu zahlen, und erfolgt der Zuschlag erst nach Fälligkeit der Miete, geht der Mietzahlungsanspruch nicht auf den Ersteher über.
3. § 56 Satz 2 ZVG betrifft nur den Binnenausgleich zwischen dem Schuldner und dem Ersteher, verschafft diesem aber keinen eigenen Anspruch gegen den Mieter auf Zahlung einer bereits vor dem Zuschlag fällig gewordenen Mietforderung.
4. Den Mieter trifft die Darlegungs- und Beweislast für die fristgerechte Räumung und Rückgabe der Mietsache.
5. Der Anspruch auf Mietzinszahlung gem. § 535 Abs. 2 BGB entsteht nur, wenn der insoweit vorleistungspflichtige Vermieter dem Mieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschafft hat.
6. Ebenso wie es an einer vollständigen Rückgabe der Mietsache fehlt, wenn der Mieter zwar seine Sachen aus den Räumen entfernt, die Schlüssel aber zurückbehält, fehlt es an einer Gebrauchsüberlassung, wenn der Vermieter dem Mieter die zugehörigen Schlüssel nicht aushändigt.
7. Sind Schuldner und jeweils zu je ½ Anteil eingetragene Eigentümer zwei natürliche Personen und ist das Grundstück durch eine von den Schuldner gebildete BGB-Gesellschaft vermietet worden, tritt der Ersteher mangels Identität nicht gem. §§ 57 ZVG, 566 BGB mit dem Zuschlag in den bestehenden Mietvertrag ein.
Normenkette
BGB §§ 535, 546a, 566; ZVG § 56 S. 2, §§ 57, 90, 146
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 07.04.2010; Aktenzeichen 7 O 361/08) |
Tenor
Auf die Berufungen der Parteien wird das am 7.4.2010 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichterin - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 535,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2008 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 92 %, der Beklagte zu 8 %.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 95 %, der Beklagte zu 5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache lediglich in Höhe eines Betrages von 535,50 EUR (= Nutzungsentschädigung Lagerfläche Juli 2008) Erfolg. Demgegenüber führt die Berufung des Beklagten - abgesehen von dem auf die Berufung der Klägerin dieser zuerkannten Betrag von 535,50 EUR - zur Aufhebung der erstinstanzlichen Verurteilung über einen Betrag von insgesamt 4.876,65 EUR und in diesem Umfang zur Abweisung der Klage. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:
A. Berufung der Klägerin
1. Mietzins- bzw. Nutzungsentschädigungsansprüche Halle 3.677,48 EUR
Entsprechend der mit Schriftsatz vom 1.12.2008 (GA 11 ff.) korrigierten Berechnung setzt sich der geltend gemachte Anspruch wie folgt zusammen:
genutzte Fläche 479 qm × 4 EUR × 50 Tage (12.06. - 31.7.2008) = 3.090,32 EUR
Mehrwertsteuer 587,16 EUR
Sa. 3.677,48 EUR
Das LG hat einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlicher Miete bzw. Nutzungsentschädigung u.a. mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe die Miete noch schuldbefreiend an den Zwangsverwalter zahlen können. Die Klägerin habe auch nicht bzw. jedenfalls nicht substantiiert bestritten, dass der Beklagte die Miete für Juni nicht an den Zwangsverwalter gezahlt habe. Nach der Beweisaufnahme stehe auch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte mehr als die ihm vermietete Teilfläche von 150 qm der Halle genutzt habe. Hiergegen wendet sich die Klägerin nur teilweise mit Erfolg.
a. Die Klägerin hat - ausgehend von einer vermieteten Fläche von 150 qm - einen Anspruch auf Mietzahlung in geltend gemachter anteiliger Höhe von 452,20 EUR (= 150 qm × 4 EUR: 30 Tage × 19 Tage = 380 EUR + MWSt) gegen den Beklagten nicht gem. §§ 146, 90, 57 ZVG, 566 BGB durch den Zuschlag am 12.8.2008 erworben. Ist das Grundstück - wie hier durch den Mietvertrag vom 9./13.5.2008 mit dem Zwangsverwalter (GA 19) - einem Mieter überlassen, findet u.a. die Vorschrift des § 566 BGB entsprechende Anwendung. Danach tritt der Ersteher bei Versteigerung des Grundstücks als Erwerber an Stelle des Schuldners in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der Mietvertrag noch mit dem Schuldner oder erst während eines laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens mit dem Zwangsverwalter abgeschlossen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.1992, MDR 1992, 871 = NJW 1992, 3041 = Rpfleger 1992, 403 = WM 1992, 1543 = ZIP 1992, 862 - XII ZR 7...