Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsentschädigung für eine nach der Ehescheidung von einem Ehegatten weiterhin genutzten Eigentumswohnung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bemessung der angemessenen Nutzungsentschädigung für eine Eigentumswohnung, die ein geschiedener Ehegatte nach seinem Auszug von dem weiterhin dort wohnenden Ehegatten beansprucht.
2. Zur Schätzung der Lasten des die Wohnung nutzenden Ehegatten.
Normenkette
BGB § 745 Abs. 2, § 748; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 24.09.2004; Aktenzeichen 1 O 9/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24.9.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve - Einzelrichterin- teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 2.379,03 EUR sowie 115 EUR monatlich für die Zeit ab Mai 2005 jeweils bis zum letzten Werktag eines Monats nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 39,03 EUR seit dem 31.7.2003,
aus 110 EUR seit dem 31.8.2003,
aus 60 EUR seit dem 30.9.2003,
aus jeweils 110 EUR seit dem 31.10., 30.11. und 31.12.2003,
aus jeweils 115 EUR seit dem 31.1., 29.2., 31.3., 30.4., 31.5., 30.6., 31.7., 31.8., 30.9., 31.10., 30.11., 31.12.2004, 31.1., 28.2., 31.3. und 30.4.2005 zu zahlen.
2. Die Klägerin wird ihrem Anerkenntnis gem. auf die Hilfswiderklage verurteilt, den Beklagten freizustellen von den Verbindlichkeiten ggü. S., A. und E. i.H.v. jeweils 12.782,30 EUR und jeweils fällig am 31.12.2004 aus dem Vertrag des Notars M. in S. vom 9.12.1994 (UR-Nr. 2330/1994).
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 20 %, dem Beklagten zu 80 %, die des zweiten Rechtszuges der Klägerin zu 30 %, dem Beklagten zu 70 % auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien sind seit dem 30.10.2002 rechtskräftig geschieden und Miteigentümer des Hausgrundstücks B-Str. 26 in W. Das Eigentum an diesem Grundbesitz wurde den Parteien von den Eltern der Klägerin aufgrund notariellen Vertrages vom 9.12.1994 Urkunden Nr. 2330/1994 des Notars M. übertragen.
Den Eltern der Klägerin wurde an der im Dachgeschoss befindlichen Wohnung ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt. Weiterhin verpflichteten sich die Parteien zur Tragung sämtlicher Nebenkosten, sowie zu Pflege- und Fahrdiensten.
Die Klägerin zog im Jahre 1999 aus der ehelichen Wohnung aus und überließ die Nutzung allein dem Beklagten. Dieser übernahm die finanziellen Verpflichtungen der Eheleute im Zusammenhang mit dem Übertragungsvertrag sowie Schulden aus der gemeinsamen Lebensführung. Bis Anfang 2003 bediente er insb. die Raten auf das von den Eltern der Klägerin gewährte Darlehen von 40.000 DM i.H.v. monatlich 200 DM, sowie weitere aus der gemeinsamen Lebensführung resultierende Schulden mit 1.600 DM monatlich. Auch die Nebenkosten für das gesamte Haus trägt der Beklagte. Insoweit zahlte er an die RWE-AG für das Jahr 2003 allein einen Betrag von 3.592,07 EUR. Die Vorauszahlungen für 2004 betragen monatlich 298Euro.
Im Rahmen des Trennungsunterhaltsverfahrens schlossen die Parteien einen Vergleich, der bis zur Rechtskraft der Scheidung Gültigkeit behalten sollte. Darin wurde dem Beklagten ein Wohnvorteil für das Bewohnen des Objektes i.H.v. 500 DM zugerechnet und außerdem vereinbart, dass der Beklagte mit Rücksicht auf die Absetzung der Schuldraten im Rahmen der Unterhaltsberechnung von der Geltendmachung eines Gesamtschuldnerausgleiches für die Zeit der Absetzung der Schuldraten absehe.
Im Rahmen des - noch anhängigen - Zugewinnausgleichsverfahren wurde ein Gutachten zu dem Wert des Hauses eingeholt. Der Sachverständige Dr. F gelangte zu einer vom Beklagten genutzten Wohnfläche von 112,50 m2, für die er einen Mietwert von 5EUR pro m2 ansetzte. Das von den Eltern der Klägerin bewohnte Dachgeschoss hat nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Nutzfläche von 63,83 m2.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten eine Nutzungsentschädigung für ihren Miteigentumsanteil i.H.v. monatlich 281,25 EUR. Der Beklagte verteidigt sich u.a. damit, eine Bedienung des Darlehens der Eltern der Klägerin i.H.v. 200 DM sei ihm seit Anfang 2003 finanziell nicht mehr möglich. Für die Wohnung der Eltern träge er weiterhin die Nebenkosten, insb. die Stromkosten und die Abgaben an die Gemeinde. Die Nebenkosten seien entsprechend den Wohnflächen im Erdgeschoss mit 53,93 % (Wohnung des Beklagten) und Wohnfläche im Dachgeschoss mit 46,07 % (Wohnung der Eltern der Klägerin) zu verteilen. Neben den Kosten der RWE-AG habe der Beklagte Steuern und Abgaben i.H.v. mindestens 250 EUR gezahlt. Mithin zahle er an laufenden Nebenkosten mindestens 550 EUR monatlich, wovon 275 EUR auf die Eltern der Klägerin entfielen. Mit der Hälfte dieser Kosten, mithin einem Betrag von 137,50 EUR erklärt der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung ggü. der Klageforderung.
Die Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg. Die nach Hinweisen des Senates und entsprechender Prozesskostenbewilligung beschränkte Berufung des Beklagten ...