Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Verletzung eines Verfahrenspatents (hier: Rohrschweißverfahren)
Leitsatz (amtlich)
1. Schützt ein Patent ein Verfahren zum automatisch gesteuerten Verschweißen von Rohren, bei dem das Schweißgerät die notwendigen Parameter von sog. "Identifikationskarten" abliest, mit denen der Hersteller der zu verschweißenden Teile diese versehen hat, so handelt es sich bei Schweißverbindungen, die unter Anwendung sämtlicher Schritte des patentgemäßen Verfahrens hergestellt worden sind - mögen diese Schritte auch von unterschiedlichen Personen vorgenommen worden sein, nämlich von den Herstellern der zu verschweißenden Teile samt der "Identifikationskarten" einerseits und den Anwendern der Schweißgeräte andererseits -, um unmittelbare Erzeugnisse des geschützten Verfahrens i.S.d. § 9 Nr. 3 PatG.
2. Bezieht der Benutzer eines Schweißgerätes, das die nach dem Patentanspruch von dem Schweißgerät vorzunehmenden Verfahrensschritte ausführen kann, die zu verschweißenden Teile samt "Identifikationskarten" vom Patentinhaber oder einem seiner Lizenznehmer, so liegt in der bloßen Lieferung dieser Teile an ihn noch nicht die Gestattung, sie auch mit Hilfe eines ohne Erlaubnis des Patentinhabers hergestellten Schweißgerätes in der vom Patent gelehrten Weise zu verschweißen.
3. Wer an Rohrverleger Schweißgeräte liefert, welche die patentgemäß dem Schweißgerät zugedachten Verfahrensschritte ausführen können, aber ohne Erlaubnis des Patentinhabers hergestellt worden sind, und diesen Geräten Betriebsanleitungen beilegt, nach deren Inhalt die gelieferten Geräte beim Verschweißen von mit patentgemäßen "Identifikationskarten" versehenen Teilen in patentgemäßer Weise eingesetzt werden können, begeht eine mittelbare Patentverletzung i.S.d. § 10 Abs. 1 PatG.
4. Gegen einen solchen Lieferanten kann u.U. selbst dann ein uneingeschränktes Verbot der Lieferung erlassen werden, wenn die von ihm angebotenen Schweißgeräte auch in nicht patentverletzender Weise benutzt werden können, nämlich im Wege der manuellen Eingabe der Schweißparameter durch den Benutzer.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 17.12.2002; Aktenzeichen 4 O 266/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das am 17.12.2002 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II. Auf die Anschlussberufung der Klägerinnen wird das angefochtene Urteil im Verhältnis zur Beklagten zu 2) teilweise abgeändert und insoweit hinsichtlich des Ausspruches zu I. 1. wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 272 978 B 1 Schweißgeräte mit automatischer Steuerung, die zur Benutzung eines Verfahrens zum Steuern der Temperaturentwicklung eines Teiles geeignet und bestimmt sind, wobei das Teil mit einem elektrischen Widerstand versehen ist, der geeignet ist, das Erwärmen dieses Teiles sicherzustellen, wobei
a) dem Teil eine Identifikationskarte zur Steuerung des Erwärmens zugeordnet ist, die mehrere Zonen aufweist, deren jede einen anderen Platz einnimmt,
b) in diese Karte Daten eingegeben sind, die geeignet sind, durch Lesemittel des Schweißgerätes gelesen zu worden, wobei diese Daten in einem ersten Teil der Zonen dieser Karte (Zonen 1, 2, 3, 4, 9) Funktionsdaten für die Steuerung der Maschine zumindest relativ zu einem vorbestimmten Wert der Spannung und/oder des Versorgungsgrades des Heizwiderstandes aufweisen,
c) eine Erfassung der in der Karte enthaltenen Daten durch Lesemittel für die Karte erfolgt,
d) man durch Messung der Umgebungstemperatur des Teiles zusätzliche Daten erlangt, die durch das Schweißgerät annehmbar sind und dem physikalischen Zustand des Teiles zu Anfang der Erwärmung entsprechen, und man diese Daten dem Schweißgerät liefert,
e) dann eine Anpassung des vorbestimmten Wertes der Spannung und/oder des Versorgungsgrades des Widerstandes mittels einer Zeitkorrektur durch das Schweißgerät in Funktion der gegebenen zusätzlichen Daten erfolgt, um eine geeignete Energie zu erhalten,
f) und man den elektrischen Widerstand mit dieser geeigneten Energie versorgt, um folglich dieses Teil zu erwärmen, wobei dieses Verfahren dadurch gekennzeichnet ist, dass:
- in einem zweiten Teil der Kartenzonen (Zone 8) zusätzliche Daten der Korrektur für den vorbestimmten Wert der Spannung und/oder des Versorgungsstromes des Widerstandes mittels einer Zeitkorrektur in Funktion des tatsächlichen physikalischen Zustandes des Teiles zu Anfang der Erwärmung eingegeben sind,
- man das Lesen dieser definierten Lesesequenz der Karte durchführt, indem man der Sequenz folgt,
- man dann nach durchgeführtem Schritt d) und während des Schrittes e) durch die ...